Hole Dweller
Mit Jamwine unterwegs im Auenland

Interview

HOLE DWELLER sind in der Dungeon-Synth-Szene durch eine sehr eigenständige Interpretation irgendwo zwischen Lo-Fi-Synth und uriger Videospielmusik eingeschlagen wie Pfeifenkraut im Auenland. Wir haben uns Tim geschnappt und über seine Projekte, Black Metal und Nerdtum philosophiert.

Hallo Tim, grüß dich. Vielen Dank für die Möglichkeit eines Interviews.

Cheers und vielen Dank für dein Interesse!

Es könnte sein, dass du HOLE DWELLER und dich kurz vorstellen musst. Wer bist du und welche musikalischen Projekte hast du unter deinen Fittichen?

Ich bin Tim, der Typ hinter HOLE DWELLER. Daneben habe ich viele andere Projekte und Bands, manche sind aktiv und andere nicht mehr. In der Welt des Dungeon Synth sind manche Leute vielleicht schon mit BELLKEEPER, FORKLIFT OPERATOR und SPELL OF UNSEEING in Kontakt gekommen. Meine Wurzeln gehen aber zurück auf verschiedene Metal-Genres. Einige dieser Projekte sind WOCCON, LOTHRIC, SCULPTED HORROR und PRIMAL GORE. Ich habe jetzt nicht alles aufgezählt, aber es soll hier ja auch vorwiegend um mein aktuelles Projekt HOLE DWELLER gehen.

Würdest du HOLE DWELLER denn als Dungeon-Synth-Projekt bezeichnen? Wann hast du dieses Genre für dich entdeckt und welche Bands haben dafür gesorgt, dass du tiefer in das Thema eingetaucht bist?

HOLE DWELLER passt schon in die Welt des Dungeon Synth, allerdings sehr weit weg vom eigentlichen Mittelpunkt. Ich meine damit primär „Flies The Coop“, nur damit das verständlich ist. Dungeon-Synth-Musiker haben jahrzehntelang auf Mittelerde Bezug genommen. Du kannst dann aber nicht einfach die Hobbits weglassen, diese sind das Herz der Welt, welche Tolkien erschaffen hat. Also sorgt allein dieser Umstand für eine Verknüpfung zu diesem Genre.

Das Genre selbst habe ich vor ein paar Jahren entdeckt. Bands wie OLD SORCERY, SECRET STAIRWAYS und DEPRESSIVE SILENCE haben mich sehr bewegt. Diese Musik erzeugt nostalgische Gefühle in mir. Ich war jung und verrückt nach Videospielmusik. Mit FL Studio und einem schrecklichen Fujitsu Lifebook habe ich dann versucht eigene Musik zu machen. Das ist jetzt 15 bis 20 Jahre her. Ich habe in den folgenden Jahren immer weiter an solcher Musik gearbeitet. Du kannst dir sicher vorstellen, wie ich mich gefreut habe, als ich plötzlich ein ganzes Genre mit Alben und einem echten Publikum entdeckt habe.

Die Inspiration für HOLE DWELLER kam nach meinem Projekt BELLKEEPER. Ich spielte „Herr der Ringe Online“ mit meinem Hobbitcharakter Jamwine. Mit Jamwine ging ich durch das Auenland und dachte, dass es cool wäre, sich eine Geschichte zu überlegen und diese mit rustikaler und minimaler Synth-Musik zu unterlegen. Genau so ist dann das erste Album entstanden.

Ich finde es cool, dass „Flies The Coop“ eine richtige Geschichte beiliegt, hat dies auch damit zu tun?

Jedes Stück Inspiration kommt direkt aus Mittelerde, besonders dem Auenland. Ohne Tolkien würde HOLE DWELLER nicht existieren. Die Geschichte ist der Weg von Ort zu Ort. So wurde mir klar, was ich komponieren möchte wie es klingt. Andrew Fritts, der Inhaber von Dungeons Deep Records und Mensch hinter DIPLODOCUS hat die Geschichte dann in professioneller Form geschrieben und zudem ein paar für mich überraschende Ideen hinzugefügt. Ich habe ihm nur eine Kontur gegeben und er hat es weiterentwickelt. Ich liebe das Ergebnis total!

„Flies The Coop“ hat einen sehr speziellen Sound. So etwas habe ich vorher noch nicht gehört.

Die Grundidee war etwas sehr minimalistisches Aufzunehmen. Daher habe ich nur vier Sounds in einem VST-Synth-Modul genutzt mit gelegentlichen Drum- und Fieldsamples. Es war wichtig, dass alles sehr verwittert und staubig klingt, damit eine einzigartige Atmosphäre geschaffen wird. Die Musik ist in einem kurzen Zeitraum entstanden, denn die Songs folgen der imaginären Reise des bereits erwähnten Charakters Jamwine. Ich wollte einfache Songs, nicht zu lang, eingängig und immer in Bewegung. Ich habe mich wirklich auf dieses Abenteuer konzentriert und wollte für meinen Hobbit eine möglichst authentische Welt erschaffen.

Ein Soundtrack für einen Videospielcharakter? Das ist echt nerdig. Ich habe in einem Facebook-Beitrag von dir gelesen, dass du dich selbst auch als Nerd bezeichnest. 

Früher habe ich viele Fantasy- und Sci-Fiction-Romane gelesen und hatte immer eine tiefe Leidenschaft für Videospiele. Also ist ein Nerd für mich jemand, der ein großes Interesse oder sogar eine große Liebe für Welten, die nicht wirklich oder fantastisch sind, entwickelt. Ich habe es immer geliebt an einen imaginären Ort zu flüchten, alles darüber zu lernen und dies als Werkzeug für meinen eigenen künstlerische Ausdrucksmöglichkeit zu nutzen. Außerdem sammel ich Actionfiguren, das sollte doch jetzt deutlich sein, oder? (lacht)

Gehört dazu auch der Black Metal?

Ja, der Black Metal war ein großer Teil meines Lebens im späten Teenageralter und wurde später durch mein Black-Metal-Projekt LOTHRIC neu entfacht. Die Wege zwischen Dungeon Synth und Black Metal sind aber sehr verschieden. Dungeon Synth ist sehr nahe an meiner Kindheit mit der Liebe zu Videospielen und fantastischen Welten, während Black Metal etwas ganz anderes repräsentiert. Ich verbinde diese beiden Themen nicht miteinander. Wenn ich Black Metal schreibe bin ich gegen jede Nutzung von Keyboards und umgekehrt. Ich stehe immer noch auf Black Metal, aber ich habe die Schnauze voll den ganzen alt-right-Tendenzen vieler Musiker und Hörer. Deshalb brauche ich eine Pause davon. Black Metal ist verseucht.

Nochmal zurück zu HOLE DWELLER. Wie war denn das Feedback der Leute zum Projekt?

Ich habe eine riesige Menge an Feedback erhalten, das Meiste komplett positiv. Es ist immer noch total verrückt für mich, wie groß die Reichweite von HOLE DWELLER geworden ist und es geht immer noch weiter. Es ist ein bisschen wie ein Schneeball, der immer und immer größer wird, wenn er einmal in Bewegung ist. Es bedeutet mir viel, wenn die Leute die Musik mögen. Es ist immer noch schwer zu akzeptieren und auch wenig nachvollziehbar, aber insgesamt ist das eine ehrliche Sache. Die Musik kommt aus meinem Herzen und ich hatte keinerlei Erwartungen. Ich dachte nicht, dass sich irgendwer dafür interessieren würde, als ich die Demo auf Bandcamp hochgeladen habe. Ich bin sehr dankbar.

Wie geht es jetzt mit dem Projekt weiter?

Mein aktueller Plan sieht vor, dass ich die Geschichte von HOLE DWELLER nach der letzten Demo „Returns To Roost“ (2020) weiter fortsetze. Zudem soll die musikalische Entwicklung dazu führen, dass HOLE DWELLER irgendwann live auftreten kann und regelmäßig Shows spielt. Ich arbeite gerade an einem neuen Album, das viel weiter geht als die bisherigen beiden Veröffentlichungen. [Gesagt, getan. Flies The Coop II ist zwischenzeitlich digital erschienen – SW] Trotzdem bleibt das Album der Überlieferung und den Wurzeln treu. Ob das dann noch Dungeon Synth ist, kann ich nicht genau sagen, aber es spielt für mich auch keine Rolle. HOLE DWELLER soll einfach HOLE DWELLER sein.

 

Quelle: Interview mit Hole Dweller, August 2020
24.08.2020

Stellv. Chefredakteur

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