Lux Divina
Interview mit Norax zu "Possessed By Telluric Feelings"

Interview

Lux Divina

Die spanischen Black Metaller haben mit „Possessed By Telluric Feelings“ kürzlich ein wahrlich beeindruckend atmosphärisches und emotionales Album veröffentlicht. Grund genug, Sänger Norax einige Fragen zu dem Werk, dem lyrischen Konzept der Band und ihren weiteren Plänen zu stellen.

Hallo Norax! Wie geht’s dir?

Hi Katharina. Mir geht’s gut, danke!

Alles Gute zum Release eures neuen Albums “Possessed By Telluric Feelings”. Meiner Meinung nach ist das Album wirklich großartig und ich hoffe sehr, dass ihr dadurch die Aufmerksamkeit der Metalszene auf euch ziehen könnt, die ihr verdient. Welche Reaktionen habt ihr bisher auf das Album bekommen?

Zunächst mal möchte ich dir für deine Worte danken und dafür, dass du unser Album wirklich verstanden hast. “Possessed By Telluric Feelings” hat bisher sehr gute Rückmeldungen von Presse, Fans, Freunden usw. bekommen. Das haben wir auch unserem Label Einheit Productions zu verdanken, die eine tolle Promo-Arbeit leisten.

Menschen mit Musik zu erreichen, aus der die Seele spricht, ist nicht leicht. Dieser Art intimen Musik gelingt es nur schwer, Grenzen zu sprengen und den Geist der Hörer zu öffnen. Aber wenn es passiert, ist das für uns eine große Befriedigung. Ich denke, wir sind an einem Punkt angelangt, an dem sich unsere Musik so weit entwickelt hat und so weit gereift ist, dass sie dafür empfängliche Hörer auch erreichen kann.

Der Titel des Albums sagt, ihr seid besessen von tellurischen, also die Erde betreffenden, ihr entstammenden Gefühlen. Wie würdet ihr diese Art Gefühle näher beschreiben und wie drückt ihr sie in eurer Musik aus?

Zu begreifen, dass Mutter Erde lebt und alles in ihrem mysteriösen Königreich fließt und sich kontinuierlich verändert, ist für mich selbstverständlich. Mondzyklen, Gezeiten, Jahreszeiten usw., alles ist verbunden, in der Natur ist alles rein und organisch und die entehrten Gewalten und Kräfte der Natur herrschen über uns. Alles ist Teil eines großen Ganzen, das wir niemals werden ganz verstehen können. Nur weil uns die Gabe des Bewusstseins gemacht wurde, halten wir uns für Götter, doch sind wir im Grunde nur eine Lebensform im Kosmos und besitzen die Erde nicht. Die Natur ist der wahre Gott, sie diktiert alles, Jahr für Jahr, wir sind angesichts ihrer Stärke und Weisheit nur bedeutungslos. Unsere psychischen Kräfte, Stimmungen und Reaktionen werden durch die Natur geleitet.

Zwischen Mensch und Erde gibt es eine sehr innige Beziehung. Die Kräfte der Natur sind stets um uns, sie bestimmen uns durch unsere primitivsten Instinkte, Leidenschaften und Ängste. Wir sind nur weiterentwickelte Tiere in einer zunehmend unnatürlichen Umgebung. Sensible Menschen, die näher an der Natur sind, verstehen dieses Zusammenspiel auf eine ganz andere Weise. Von diesen Gefühlen und Mächten besessen zu sein, ihre Energie zu spüren, bedeutet, besonders mit der Natur verbunden zu sein und tief in einem zu spüren, dass man Teil eines großen Ganzen ist. Es ist der erste Schritt, auch das Klagen der Erde vernehmen zu können.

Kannst du uns noch mehr über das lyrische Konzept des Albums erzählen? Gibt es auch eine konkrete Botschaft, die ihr vermitteln wollt?

In erster Linie basiert das Konzept natürlich auf dieser Naturphilosophie, die ich gern mit Melancholie, Dunkelheit und Schönheit definiere. Ich denke, diese Dinge sind in all unseren Kompositionen spürbar. Unsere größte Inspiration ist das Mysterium Erde und das negative menschliche Verhalten als Gegensatz dazu. Der Mensch ist der Mörder der Natur und er verliert seine Verbindung zu seiner natürlichen Umgebung und zu den Lehren von Mutter Erde, die frühere Kulturen noch verstanden und ehrten. Wir sind ihre Kinder, keine Sklaven oder Diener, aber auch keine Götter. In unseren Songs erzählen wir von dem Schaden, den der Mensch bereits an der Natur angerichtet hat. Dabei sind unsere Texte zumeist poetisch, philosophisch, etwas folkloristisch und in gewisser Weise auch romantisch. Unsere Musik ist eine Art Katharsis, voll mit lichten, aber auch schattigen Momenten. Unsere Melodien wurden vom Drama geboren und ich schäme mich nicht, das auch zuzugeben.

Was die Botschaft angeht, so muss ich sagen, dass wir nicht vorgeben, mehr zu sein, als wir sind. Wir sagen niemandem, was er tun oder lassen soll. Unsere Musik ist intim und persönlich und jeder kann sich damit beschäftigen und versuchen, sie auf seine Art zu verstehen. Das einzige, was uns wichtig ist, ist, den Hörer auf eine Reise zu schicken, Landschaften vor ihm auszubreiten, ihm die Stärke und Mysteriösität der Erde zu zeigen.

Du sagtest ja schon, dass eure Musik sehr persönlich ist. Das hört man dem Album auch an, es ist sehr emotional, berührend und es scheint vor allem ehrlich zu sein.

Wir versuchen, mit unserer Musik ehrlich zu den Hörern und auch uns selbst zu sein, also schätzen wir deine Einschätzung sehr. Wir sehen in der Musik eine Form des künstlerischen Ausdrucks, ohne Täuschung und Verschleierung. Wir denken beim Schreiben nicht über andere Menschen nach wir kontrollieren nichts, unsere Musik ist unsere Stimme. Doch es wird in einer Welt aus Schlangen auch immer böse Zungen geben, wie meine Großmutter mir immer sagte.
Mit “Possessed By Telluric Feelings” haben wir ein Album komponiert, das sehr viele starke Emotionen enthält. Wir komponieren stets so, als sei diese Musik die letzte, die wir in diesem Leben schreiben, denn man weiß nie, wann wir diese Welt verlassen werden. Unsere Musik ist also unser Erbe für diese verrückte Welt, in der wir nur ein unbedeutender kleiner Teil waren. Wir wollen, dass unsere Hörer ihre eigenen Schlüsse ziehen und wenn wir sie dazu bringen, sich selbst einige Fragen zu stellen, ist das schon ein Gewinn für uns. Unsere Musik ist zwar sehr melancholisch und dunkel, doch es gibt immer auch Momente der Meditation und des Lichts.

Der Promosheet sagt, dass eure Musik für Fans von PRIMORDIAL und BORKNAGAR geeignet ist. Seid ihr von diesen Bands beeinflusst? Welche anderen Einfüsse könnt ihr nennen?

Wir haben unsere Einflüsse nie versteckt. Es gibt viele, insbesondere unter den norwegischen Bands der 90er, die dem Paganismus zugetan waren und eine sehr archaische Einstellung der Natur gegenüber vertraten. Z.B. IN THE WOODS, VED BUENS ENDE, FLEURETY oder EMPEROR, ein wenig ist davon auch heute noch in der Musik von z.B. ENSLAVED, AGALLOCH und PRIMORDIAL zu spüren. Wenn du Death oder Thrash Metal spielst, bist du auch beinahe logischerweise von SLAYER oder MORBID ANGEL beeinflusst. Dennoch verstehen wir diese Einfüsse auf unsere eigene Art und haben wir einen eigenen Sound für uns entwickelt, der sich keinen neue Trends beugen wird.

Die Songs auf dem Album wirken sehr gereift und homogen, deutlich mehr als die auf dem Vorgänger “From The Tomb Of Nature’s Blood”. Stimmst du zu, dass das neue Album also eine gewisse Weiterentwicklung der Band zeigt? Wie siehst du das neue Werk im Vergleich zu seinem Vorgänger?

Ich stimme auf jeden Fall zu, dass wir uns seit dem letzten Werk weiterentwickelt haben. “Possessed By Telluric Feelings” ist ein logischer Schritt nach vorn, ohne dass wir unseren Glauben oder die Art unserer Interpretation verändert oder vergessen hätten. “From The Tomb Of Nature’s Blood” entstand auf derselben Basis wie “Possessed By Telluric Feelings”, war aber primitiver, emotional verhaltener und reservierter. Nun wissen wir besser, uns auszudrücken. “Possessed By Telluric Feelings” ist aufrichtiger, ernster. Beim nächsten Album werden wir zwar nicht durchdrehen, aber versuchen, uns noch weniger Schranken zu setzen und unsere Emotionen vollständig in Musik zu übersetzen.

Habt ihr Lieblingssongs auf dem Album? Ich mag “After Great Pain” oder “Discoloured With A Lifeless Red” sehr. Im Grunde sind aber wirklich alle sehr schön!

Das ist eine sehr schwierige Frage, da jeder Song eine besondere Bedeutung hat und es keine Lückenfüller gibt. Alle Melodien haben ihre Momente. Aber ganz individuell würde ich zu den beiden von dir genannten noch „And An Intense Feeling Of Misanthropy“ and „Fagus Sylvatica“ hinzufügen. Mit diesen kann ich mich am meisten identifizieren.

Das Cover ist auch wirklich gelungen. Wer hat es gestaltet? Und was wolltet ihr damit ausdrücken?

Wir haben nach einem Motiv mit minimalistischer Eleganz gesucht, das dennoch eine starke Botschaft übermittelt. Costin von Twilight Media hat es entworfen, das ist ein rumänischer Künstler. Wir haben ihn durch unsere Brüder von FOSCOR kennen gelernt. Zuvor hatte ich schon seine Werke für Bands wie HEXVESSEL, ARCTURUS, ULVER usw. gesehen und war sehr angetan von seiner künstlerischen Interpretation der Bedeutungen der Musik. Für mich ist Costin einer der talentiertesten Künstler heutzutage.

Für das neue Album habt ihr einen Deal mit Einheit Productions einheimsen können. Wie kam es dazu und was kannst du über die noch recht junge Kooperation erzählen?

Darüber kann ich nur Gutes sagen. Wir sind sehr froh über den Support und die Bemühungen, die Olaf uns widmet und wir hoffen sehr, dass wir ihm etwas dafür zurück geben können. Es ist eine sehr schwere Zeit für Labels und Underground-Bands und Unterstützung wird nicht immer belohnt. Dennoch ist Einheit das beste, was uns in den letzten Jahren passiert ist. Wir erreichen endlich mehr Menschen mit unserer Musik. Sie verstehen uns und die Zusammenarbeit basiert auf gegenseitigem Respekt und einer ehrlichen Verbindung zwischen uns. Das ist immer der beste Weg.

Vor einiger Zeit habt ihr in Deutschland auf dem Dark Troll Festival gespielt. Hattet ihr eine gute Zeit dort? Wie wurde eure Show von den Festival-Besuchern aufgenommen?

Es war eine tolle Erfahrung für uns und eine großartige Gelegenheit, unsere Musik über die Grenzen hinaus zu verbreiten. Wir haben einige interessante Menschen und Bands kennen gelernt und obwohl wir zahlreiche technische Probleme hatten, so denke ich doch, dass wir gut angekommen sind, auch wenn viele der Leute uns noch nicht kannten. Was wir jedoch am meisten genossen haben, war die tolle Festival Location, mitten im Wald. Sehr schön und inspirierend!

In einigen Monaten kommt ihr auch schon zurück nach Deutschland, auf das Fimbul Festival. Freut ihr euch darauf? Sind schon weitere Shows geplant oder vielleicht eine Tour?

Den Sommer werden wir erstmal im Proberaum verbringen und neue Songs komponieren. Unser Gitarrist Javi spielt mit seiner anderen Band GRAVEYARD außerdem gerade einige Festivals, z.B. das Party.San Open Air, das Obscene Extreme usw. Auch spielen sie in Leipzig und Berlin mit HOODED MENACE. Im September spielen wir dann einige Shows an verschiedenen Orten, u.a. beim Fimbul Festival (vielen Dank dafür an Kelly und Olaf!) und in Spanien und Südeuropa. Eine Tour können wir momentan nicht realisieren, aber wer weiß. Schritt für Schritt!


Normalerweise assoziiert man ein warmes, sonniges Land wie Spanien nicht gerade mit Black Metal. Könntest du uns die spanische Black Metal-Szene (sofern es eine gibt ;)) ein wenig vorstellen?

In manchen Regionen Spaniens ist es im Winter sehr kalt! Wir haben hier die Pyrenäen, die Sierra Nevada, die Picos De Europa usw. In Nordspanien gibt es sehr viele Orte, die voll von Traditionen sind, wie das Baskenland, Galizien, Katalonien und Aragonien, die sehr inspirierend sein können. Leider assoziieren viele Menschen Spanien nur mit Hitze, Sonne, Strand und diesen scheiß Stierkämpfen (die es heutzutage eigentlich kaum noch gibt und in Teilen Spaniens sogar verboten sind). Wir stammen aus Barcelona und sind nahe an den Bergen und dem Meer.

An spanischen Black Metal-Bands kann ich z.B. FOSCOR, BALMOG, DANTALION oder PRIMIGENIUM nennen. An Death Metal-Bands gibt es z.B. GRAVEYARD, MACHETAZO, LOOKING FOR AN ANSWER, WORMED und weitere große, international bekannte Bands sind MOONLOOP, OBSIDIAN KINGDOM, EVADEINE, ANGELUS APATRIDA usw. Mit Ishtadeva Vinyl Prod., Blackseed Prod. oder Xtreem Music kann ich auch ein paar Labels anführen. Auch gibt es viele Magazine. Was dieses Land braucht, ist mehr Infrastruktur, mehr Absatzmöglichkeiten für diese Art Musik, mehr Unterstützung der Menschen in der Szene selbst. Nur dann könnten wir zu anderen Ländern aufschließen. Aber vielleicht ändert sich das ja in der Zukunft, den neuen Generationen gehört die Welt.


Wie sind eure weiteren Pläne für LUX DIVINA? Gibt es konkrete Ziele, die ihr erreichen wollt?

Einfach weiter komponieren, sich von den Gefühlen tragen lassen, Alben veröffentlichen, sich weiter entwickeln. Jetzt, wo wir diese endlich in Musik übersetzen können, wollen wir natürlich viele Menschen damit erreichen. Aber wir leben in den Tag hinein und stecken uns keine zu hohen Ziele. LUX DIVINA ist uns zu wichtig und wir nehmen alles, was damit zusammenhängt, sehr ernst. Sehen wir also, was auf uns zukommt.

Danke für das Interview. Dir gehören die letzten Worte!

Danke für deine Zeit und Unterstützung, Katharina. Wir sehen uns bald! Grüße an alle deutschen Metalheads. NATURE-WORSHIP.

 

12.07.2013
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