Rantanplan
Wir geben der Liebe eine Chance!

Interview

 

RANTANPLAN sind seit 21 Jahren dabei, ihren Ska-Punk unter das Volk zu schmeißen. Anfang des Jahres veröffentlichten sie ihr neuestes Werk “Licht Und Schatten“ und gondeln seit Februar 2017 erfolgreich damit durch die Clubs des Landes. Wird also mal Zeit für ein paar Fragen an die bunte Truppe.

„Hey Metal-Jeanette.“ Mit diesen Worten begrüßt mich Torben, d er Fronter von RANTANPLAN, nachdem ich mich durch den Hintereingang in den Salon Hansen geschoben habe. Jetzt stehe ich neben ihm und sehe mir den Soundcheck von 8KIDS an. „Die werden dir gefallen“, grinst er, „erst Metal und später Punk.“ Während Emma, Hans und Jonas sich probeweise durch ihr Set kesseln und mir in der Tat sehr gefällt, was ich da höre, gibt es das erste Astra-Bier des Abends. Dabei plaudern wir über Schriftsteller, Bücher, das Leben und die Musik. Die nicht nur schwarz oder weiß oder Metal oder Punk ist. Weil reines Schubladendenken schlichtweg scheiße ist. Und eindimensionales Denken schlichtweg langweilig ist.

Mit den Worten: „Jetzt noch schnell das Dienstliche!“ suchen wir uns zusammen mit Gero, der für die Töne aus der Posaune bei RANTANPLAN zuständig ist, eine ruhigeres Plätzchen. Kann also losgehen. Im Backstage-Bereich. Auf einem Sofa. Mit dem Gero und dem Torben. Einem Astra. Einem Jever. Und einer Mischung Havana-Coke.

Erzählt mir mal ein bisschen etwas über euer neuestes Album „Licht Und Schatten“. Zwei Songs auf der Platte heißen z.B. „Schattenmensch“ und „Sonnenkopf“. Ist das eine totale Kontrastprogramm-Ansage ?

Torben: Es ist ein Weckruf gegen den Tod im Herzen der Menschheit. Gegen die ganzen Zombies, die da draußen herumlaufen. Außerdem heißt eines der Kapitel vom Erstlingswerk des Schriftstellers Albert Camus „Licht und Schatten“. Einer meiner absoluten Lieblingsautoren. Ich lasse mich dabei unheimlich gerne von Autoren inspirieren und bin immer am Lesen, habe ständig ein Buch bei mir. Ich bin da sehr bibliophil. Das Texten habe ich zum Beispiel bereits mit 13 Jahren angefangen. Das war damals natürlich ziemlich übel. Mittlerweile bin ich aber weitaus besser und soweit, dass, wenn ich einen Text im Kopf habe, skizziere oder entwickele, mir vor Fertigstellung zwei bis drei Bücher zu dem Thema durchlese. Um mich dem Ganzen mehr anzunähern und eine breitere Perspektive zu bekommen. Manche Sachen schreiben sich aus dem Bauch heraus, die kannst du natürlich nicht akademisch sehen. Bei vielem interessiert mich aber einfach der tiefere Sinn. Bei Liebesliedern können wir zum Beispiel nicht auf die seichte „Ich lieb dich so“-Masche kommen. Das kann RANTANPLAN nicht machen. Wir sind dann eher für die kritisch beäugten Liebeslieder am Start.

Das heißt, eigentlich war relativ schnell klar, dass bei diesem Album nur „Licht Und Schatten“ passt?

Torben: Nein, wir haben echt schon viel gehustled mit dem Namen. Hatten sogar kurzzeitig die Idee, das Ganze “Blumenstrauß“ zu nennen. Aber das fand ich persönlich zu krass. Da war dann “Licht Und Schatten“ irgendwie besser. Guck‘, mit dem Song „Herbie“ haben wir hellstes Licht auf der Platte, aber der „Schattenmensch“ ist tiefster Schatten. Aber wir kämpfen uns immer wieder frei und ans Licht zurück.

Viel Licht und Schatten mit Gero und Torben

Über welchen Zeitraum ist das Album entstanden? War das ein längerer Prozess oder eine schnelle Nummer?

Gero: Im Gegensatz zu “Pauli“ hat es diesmal lange gedauert. Von den Arbeiten am ersten Song bis zum allerletzten Take im Studio war das ein ziemlich langer Zeitraum. Bei „Pauli“ war klar, das wird ein Konzeptalbum, und dann flossen recht schnell die Texte über Hamburg aus der Feder.

Torben: Bei der „Licht Und Schatten“ haben wir uns mit Moses Schneider ( u.a. Produzent von KREATORs „Hordes of Chaos“) getroffen. Der meinte sofort: „Jungs, ich produzier‘ euch, aber macht mal erstmal alleine, und ich greife dann ein und sag euch, wie’s weitergeht.“ Dabei haben wir es zwischenzeitlich aber leider etwas schleifen lassen, waren nicht aufmerksam genug und am Ende hatten wir voll die Gurkenspuren, die nicht zusammen passten und frustrierend waren. Daraufhin haben wir uns gesagt: „Ja, ist nen‘ gutes Demo. Jetzt wissen wir, wie’s nicht klingen soll.“ Wir haben alles gelöscht. Die eigentlichen Aufnahmen sind dann kurz darauf via Liverecording im Studio entstanden. Nur grob mikrofoniert. Sehr roh. Im Grunde haben wir das, woran wir lange geprobt und fast zerbrochen sind, dann so fertig bekommen. Weißt du, du schälst dir im Studio die Seele ab. Du weißt genau, in zwei, drei Sekunden kommt die Stelle, da muss ich alles geben. Und du versuchst es. Und der Weg zu diesem Punkt ist eigentlich das Musiker-Dasein.

Die Texte kommen hauptsächlich von Torben oder dürft ihr anderen auch mal ran?

Gero nickt an dieser Stelle. Da wir aber schnell wieder begreifen, dass das ein Interview ist und man ein Nicken schlecht auf ein Aufnahmegerät bekommt…

Gero: Torben schreibt schon so in etwa 90 Prozent unserer Texte.

Torben: Naja, sagen wir mal 75 Prozent. Aber das Texten passiert auf unterschiedlichste Weise. Wenn du bereits 165 Songs getextet hast, wird es schwieriger. Man will sich ja nicht inhaltlich wiederholen.

Gero: Also ich hab‘ auch schon bisschen was geschrieben, aber das ist bisher nahtlos durchgefallen bei Torben. Entweder fand er’s scheiße oder er hat’s nicht verstanden. Aber wir halten uns da auch nicht mit Nettigkeiten auf und gehen da ehrlich miteinander um. Ich bin eher der, der bei kleinen Wortveränderungen weiterhilft. Im Brausebrand fallen mir allerdings oft sehr herrliche, neue Bläser-Themen (Posaune) ein, die ich dann sehr ambitioniert nachts nach dem Gig im Hotel nach dem 18. Bier aufnehme. Und jedesmal, wirklich jedesmal, ist es am nächsten Morgen nur ein Haufen von „Dadadadaaaas“. Da ist bisher noch nie was Gutes bei herausgekommen. Aber in der Nacht war es für mich der Hit. Also bitte notieren: Ich bin textlich für die „DA DA DAs!“ verantwortlich.

Nach all den drölftausend Veröffentlichungen und Songs, die es von euch gibt. Fühlt sich diese denn noch so an wie das erste Baby?

Gero: Man hat sie ja alle irgendwie lieb.

Torben: Ein Album ist immer wie ein Baby. Du willst, dass es ihm besonders gut geht. Dass es eine Windel umhat und den schönsten Strampler angezogen bekommt. Dass es in einem schönen Bettchen liegt. Das haben wir alles bei unserer Plattenfirma Drakkar. Und seit 21 Jahren Bandgeschichte sind wir zum ersten Mal in den Charts vertreten. Auf Platz 72, immerhin. Das fühlt sich toll an und das ist das Neue an diesem Baby.

Gero: Ich bitte zu protokollieren, dass wir auf Platz 71 gegangen sind.

Wie läuft die Tour bisher? Seid ihr zufrieden?

Torben: Die Tour läuft ganz gut. Im Allgemeinen ist der Live-Markt bisschen am Abkacken. Die Leute picken sich eher die Festivals raus, die Band-Bundles, als nur für ein oder zwei Bands in den Club zu gehen. Dafür waren unsere letzten Gigs in Berlin und Göttingen ausverkauft. Heute sieht es auch sehr gut aus. So macht uns das Spaß.

Gero: Wir haben halt Bock, Musik zu machen und miteinander Musik zu machen.Und wenn es anderen gefällt ist es cool. Wir machen das nicht, nur um den Leuten zu gefallen. Die Gigs sollen Momentaufnahmen sein. Wir leben unsere Songs on stage. Live sind wir, glaube ich, sogar besser als auf der Aufnahme.

Und jeden Tag on Tour Hans Dampf oder mit Kakao um 22 Uhr ins Bett?

Gero: Ich gebe immer Vollgas.

Torben: Hans Dampf, Volldampf. Gestern saß ich im Hotel, nachts, und wollte mir noch eine Mischung zusammenhauen, da kommt der Gero rein und sagt: ”Macht doch keinen Sinn, sich jetzt noch eine Mische zu bauen.“ Daraufhin ich: „Ich mach mir zwei!“

Gero: Ein klassischer letzter Blick aufs Handy erfolgt meistens so gegen 4:58 Uhr.

Wo entkatert man in Hamburg am besten?

Torben lacht: Am besten aktuell in der Wäschekammer unseres Roadies. Da penne ich zur Zeit. Aber mein Luftbett verliert krass an Luft. Deshalb geht’s mir auf Tour gerade besser als zuhause.

Gero: Ich brauche mein eigenes Bett. Der Spruch von Mama und Papa:“Wer saufen kann, der kann auch arbeiten gehen“, ist übrigens völliger Humbug. Denn wer so richtig saufen kann, der kann am nächsten Tag definitiv nicht mehr arbeiten. So sieht es aus!

Torben: Ja, wenn wir eingeladen sind, sagen wir auch nicht Nein. Warum verzichten. Hey, wir kommen hier eh nicht mehr lebend raus.

Gero: Oh man. Hast du noch mehr so tolle Lebensweisheiten parat?

Herrlich, so etwas stelle ich mir immer wunderschön auf einem Kissen bestickt vor.

Gero: Ok, wir möchten, dass du uns das nächste Mal ein selbst besticktes Kissen mitbringst.

Damn it, ich muss sticken lernen. Aber hey, ich kann hervorragend exzessiv batiken. Zählt das?

Gero: Komm mir nicht mit Batiken. Ich musste noch die alten Batik-Sachen meiner Schwester auftragen.

Torben: Ich bin noch der alte Domestos-Typ. Das, was noch gedampft hat. Das Zeug auf die Jeans. Crazy Shit konnte das.

Musik kann alles und viel. Was sind eure All-Time-Favourites von anderen Bands, wenn es euch mies oder besonders gut geht?

Torben: Als meine Mutter kürzlich starb, ging hauptsächlich SLAYER. Ganz laut. Das reine Durchgerotze. Für Momente, wo ich gut drauf bin, feiere ich die „Befehl von ganz unten“ von DEICHKIND ab.

Gero: Oh, das ist schwer zu sagen. Wenn es mir gut geht, dann alles worauf ich gerade so Bock habe. Und wenn es mir richtig richtig scheiße geht..mhh..ja..dann hör ich tatsächlich keine Musik, sondern lass mich lieber volllaufen.

Das funktioniert natürlich auch. Was liegt demnächst noch bei euch an? Festivals?

Torben: Wir haben ein ziemlich volles Programm vor uns. Die Tour geht jetzt noch bis Mitte April. Ende Mai geht die Festival-Saison los. Dann wird es noch eine Herbsttour zur  „Licht Und Schatten“ geben. Und gleichzeitig wollen wir auch wieder neue Songs machen und bräuchten dafür auch mal wieder schön viel Zeit.

Gero: Wir spielen auf dem „Ruhrpott-Rodeo“ in Gelsenkirchen und auf dem „Free& Easy“ in München.

Torben: Rock am Ring-Warmup“ machen wir auch.

Was sind denn RANTANPLANs letzte Worte an die wilden Menschen, die sich durch metal.de klicken?

Torben: Kommt gerne mal vorbei bei uns und schwingt das Tanzbein. Bei uns kann man sich etwas anhören über die Vernichtung der Menschheit im letzten Stadium der industriellen Revolution. Ohne, dass es zu zynisch wird. Denn wir geben der Liebe eine Chance. Zur Liebe zu Fuß.

Gero: Nichts hinzuzufügen. Das war viel zu schön gesagt. Ich kann das jetzt nur noch kaputt machen.

Ich danke euch Männers. Wir haben es geschafft!


Es ist 22:00 Uhr. RANTANPLAN nehmen die Stage ein. Trompeten-und Posaunenklänge mischen sich mit Torbens rauher Stimme. Ernste Texte verbinden sich mit rasenden Rhythmen. Die Drums brettern drauflos. Eine Party auf der Bühne, eine Party vor der Bühne. SKA-PUNK in die Fresse. RANTANPLAN heizt dem Salon Hansen ordentlich ein. Ich schaue in die Crowd und sehe tanzende, eskalierende Menschen. Und stelle fest: RANTANPLAN haben da gar nicht mal so Unrecht. Wenn schon gerade alles am Abfucken ist: Politik, Job, Liebe, oder die Gesellschaft. Warum, dann nicht einfach rausgehen und tanzen. Den Arsch bewegen, für mehr LICHT als SCHATTEN.

Die Metal-Jeanette verabschiedet sich von RANTANPLAN und lernt jetzt das Besticken von Kissen. Für das nächste Treffen.

13.03.2017

It`s all about the he said, she said bullshit.

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