Abigail Williams - In The Absence Of Light

Review

Auf der Jagd nach dem begehrten Preis „Band mit den meisten vollständigen Line-Up-Wechseln, Auflösungen und Umsiedelungen“ sind die erst 2005 gegründeten ABIGAIL WILLIAMS mittlerweile weit gekommen. Nebenher machen sie übrigens auch noch Musik, und zwar auf dem zweiten Album „In The Absence Of Light“ trotz der äußeren Widrigkeiten keine so schlechte, wie man das nach unserem Review zum 2008er-Vorgänger „In The Shadow Of 1000 Suns“ annehmen könnte. Ganz im Gegenteil.

Die Losung lautet zunächst: Schluss mit dem albernen Metalcore. Das ist meiner Ansicht nach eine richtige und relativ unpopuläre Entscheidung, wo doch alles, was mit „-core“ endet, gerade in den USA noch immer am besten geht. Stattdessen sind ABIGAIL WILLIAMS, derzeit übrigens ein Trio, jetzt eine lupenreine Melodic-Black-Metal-Band aus der Schule der späten Neunziger. Man hört deutlich, dass sich die Jungs in den letzten zwei Jahren tonnenweise alte CRADLE OF FILTH, DIMMU BORGIRs „Stormblast“, alles von OLD MAN’S CHILD und täglich zum Frühstück EMPERORs „In The Nightside Eclipse“ reingefahren haben müssen.

Es wäre gelogen zu behaupten, sie hätten nur das Beste aus allen diesen Einflüssen zusammengeschustert (obwohl hier und da ein Part so deutlich entliehen ist, dass das sogar ein Halbtauber noch hören würde). So genial ist „In The Absence Of Light“ leider nicht, aber es ist trotzdem eine richtig gute Platte, trotz des unbestreitbaren Kitschfaktors, trotz der vielen Keyboards (allerdings weniger dominant als zuvor) und trotz des sehr modernen Tägtgren-Sounds, der den deutlich angestrebten Old-School-Charme der Platte leider dämpft. Dafür knallt das Ding natürlich mächtig rein und ist unbestreitbar klasse komponiert und tadellos vorgetragen. Dass dabei der emotionale Faktor ein bisschen zu kurz kommt, lässt sich verschmerzen, wenn man gar nicht erst auf ihn wartet. Man muss einfach wissen, dass ABIGAIL WILLIAMS gute Musiker sind, die eine gute Platte gemacht haben – keine Magier.

Wenn ihr eine Schwäche für viel Melodie, Ihsahn-soundalike-Vocals, mollbestimmte Gitarren, sphärische Leads, Wolfsgeheul-Samples, riesige Hallräume und einen Drumstil, der Nick Barkers sehr ähnelt, habt – hört euch das an! Letztlich muss man sich darüber im Klaren sein, dass es EMPEROR nicht mehr gibt, „In The Nightside Eclipse“ eine Generation alt ist, DIMMU BORGIR Filmmusik machen, ganz Norwegen mittlerweile eine andere Black-Metal-Schiene fährt und „In The Absence Of Light“ mindestens fünf Songs enthält, die absolut hörenswert und kaum schlechter als viele Black-Metal-Klassiker der Neunziger sind. Wenn sich ABIGAIL WILLIAMS das alles jetzt noch selbst ausgedacht hätten, würde es auch eine deutlichere Kaufempfehlung geben. Haben sie aber nicht, daher:

13.09.2010
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