Aleynmord - The Blinding Light

Review

Jetzt, da Camping-Urlaube und Bewegung in der Natur notgedrungen wieder die Massen begeistern, kommen auch gleich ALEYNMORD mit dem idealen Soundtrack für all jene um die Ecke, die schon immer gern draußen waren und über die neuerlichen Menschenmassen so richtig abkotzen. Denn “The Blinding Light” ist mindestens so dicht und schön wie der Schwarzwald; weiß aber auch mit der unerfreulichen Hässlichkeit eines plötzlichen Regenschauers zu überzeugen. Vor allem klingt es wie die Abwesenheit von Menschheit an sich – und das ist richtig schön.

ALEYNMORD: Weg mit Kultur, zurück zur Natur!

Dazu haben die aus dem Bundesstaat Oregon stammenden ALEYNMORD das perfekte Setting entwickelt. Auf “The Blinding Light” grüßen zunächst Rabengeschrei und ein nicht näher definierbares, vermutlich Zither-ähnliches Instrument mit ruhigen Motiven. Indes kann sich der fabelhafte LSD-Zauberer auf dem Cover in seiner ganzen Pracht zu Gemüte geführt werden – bis ein schönes, repetitives Lick und ein flotter Beat aus der anfänglichen Ekstase reißen. Es fühlt sich gar an, als würde man abrupt in den Abgrund gezogen werden. Und was bitte schön befindet sich da, wo bei anderen Produktionen die Vocal-Tracks sind?

C. Nihil nennt sich diese Entität und sie sorgt für so geisterhafte, entmenschlichte Kehlkopfgeräusche, dass sich zunächst ernsthaft die Frage aufdrängt, ob uns eines der oft unterambitionierten Kvarforth-Copy-Kids mal wieder die Vibes verpesten will. Doch bereits nach wenigen Minuten beginnt das Ganze einen faszinierenden Charme zu entwickeln, der trotz unverständlicher Texte ziemlich fesselnd ist. Nicht zuletzt, weil der Gesang relativ hintergründig abgemischt und somit absolut unaufdringlich ist, besteht ein besonderer Reiz. Ist dieser leichte Schrecken überwunden, drängt sich alsbald die mitreißende Klasse der durch den Song führenden Riffs und Melodien auf. Inklusive geschmackvoller Akustikgitarren-Parts und immer deutlicher werdender Post-Irgendwas-Referenzen erreichen ALEYNMORD die Klasse von WOLVES IN THE THRONE ROOM.

Speziell die beiden überlangen Songs “Wounded Monolith” und “Poetry Of Marrow And Rot” entwickeln nach einigen Hördurchläufen eine packende Flut an tollen Ideen und ekstatischen Momenten. Naturverbundenheit, Mystik und Trauer werden dicht und überzeugend transportiert. Die Post-Elemente finden sich eher in der Gesamtatmosphäre wieder. Grundsätzlich verlieren ALEYNMORD den Black-Metal-Fokus auf “The Blinding Light” nie aus den Augen.

“The Blinding Light” – Klare Empfehlung

Unterm berühmten Strich bleibt ein bockstarkes Album, dessen beachtliche Qualität leider nur unter der Verwendung eines Drumcomputers etwas leidet. Zwar ist dieser so analog wie möglich produziert und fällt ohne diesen Hinweis vermutlich nicht einmal auf. Hat man den entsprechenden Passus in den Credits erst einmal zur Kenntnis genommen, ist es an einigen Stellen schwer, dieses Bewusstsein zu verlieren. Das soll final aber nicht daran hindern, die herausragende Leistung von ALEYNMORD auf “The Blinding Light” zu honorieren. Denn dieses Album ist ein Diskographie-Auftakt, von dem viele Newcomer nur träumen können.

21.07.2020

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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