Alsion - Dawn Of A New Age

Review

Es gibt Momente, da könnte man regelrecht verzweifeln, was der Musik-Markt so alles an Dilettantismus anbietet. Und immer gehts noch schlimmer, noch tiefer in die schlammige Grotte. Ihr glaubt es nicht? Nun, so höret denn die neue ALSION. „Dawn Of A New Age“ nennt sich der Zweitling dieser Combo aus dem Süden der Republik. Die fünf Musiker laden uns und Europa in ihr fiktives Land „Alsion“ ein; Ziel der Band ist es nämlich, nicht nur regional, sondern auch international zu punkten. Ein leutseliges Lächeln macht sich schon hier ungewollt auf dem Antlitz des Autors dieser Zeilen breit…

Die selbstproduzierte CD beginnt mit einem 0815-Kirchenhallen-Intro („Remember Alsion“), dass schon einen ganz bitteren Vorgeschmack auf das bietet, was da noch folgen wird, vor allem gesanglich. Grundgütiger! Bei den Sternen! Wie ist so etwas überhaupt möglich? Dass Freund Tobias das Englisch intoniert, als hätte er gerade einen kräftigen Schluck des hochwertigsten Schwedentrunkes genascht, nun, das ist fast verzeihlich. Aber die Stimme als solche! Absolut ungeeignet für jedwede Art von Vocals. Ähnlich verhält es sich mit den Gitarren. Wenn ich statt einer Klampfe eine Stehlampe nehme und versuche, selbiger einige Töne zu entlocken, dann wirds ähnlich ausgehen. Mit „Ride Against The Wind“ folgt ein Song der ideenlosesten, schrägesten, seltsamst eingesungen Art, unglaublich öde, langatmig, monoton. Die Gitarren bleiben im Hintergrund, schief wird da aufgespielt, es folgt ein hörspielartiges Intermezzo mit narrativen Vocals kitschig-schwülstigster Filmromantik; hier fällt es nicht schwer, sich lange wehende Haarschöpfe mit in die Ferne gerichteten holzschnittartigen Gesichtern von MAJESTY-MANOWAR-Zuschnitt vorzustellen.

„Kings Of Alsion“ beginnt mit einer Key-Sequenz, die aus einem Achtziger Belmondo-Film geklaut wurde. Die im Refrain intonierten Zeilen „Marching On“ sind so schlecht, gelangweilt und uninspiriert eingesungen, als ob der Sänger diese zwei Worte vom Blatt ablesen muss. „Santamaria“ eröffnet mit simpel gespielten Gitarren, variiert wird nicht, alles bleibt dumpf, stumpf, der Refrain… großer Gott, was ist nur in diese Band gefahren??? Noch nie habe ich solch schülerhafte Phrasierung und technisch schwache Umsetzung von allerdings zugegebenermaßen bestenfalls viertklassigem Songmaterial erlebt. Die unsauber gespielten Soli sind Bezirksliga und selbst da spielt die Band gegen den Abstieg. Irgendwie wirkt die Chose unfreiwillig komisch. Auf jeden Fall wird in „Santamaria“ PETER SCHILLINGS „Major Tom – Völlig Losgelöst“ ebenso zitiert wie der Refrain von DSCHINGIS KHANS gleichnamigem deutschen Eurovisionsbeitrag von 1979. Überhaupt, ROLAND KAISERS „Santamaria“ mit den legendären Zeilen „Insel die aus Träumen geboren / ich hab meine Sinne verloren“ oder so ähnlich kommt härter, direkter, ergreifender im Vergleich zum ALSION-Titel. Und ALSION haben ihre Sinne auf keinen Fall beieinander. Muß wohl an ihrem fiktiven Land „Alsion“ liegen, in dem sie sich offensichtlich entscheidend zu lange aufgehalten haben…

„Horror Night“ und „System Breakdown“ dümpeln bei minus drei Punkten vor sich hin, „Back To Kingdom“ beginnt basslastig, wird tatsächlich schneller, dann ein Break, klare Gitarren, aha, es wird die Ballade des Albums, abgerundet von einem Refrain, der einem sämtliche Haare zu Berge stehen läßt. „In Silence“ ist dann wirklich eine Ballade, zu langsam gespielt und verschroben phrasiert, gefolgt von einem endlich mal Metal-kompatiblen Riff in „Coldness Of Light“; allein die Vocals ersticken den Hoffnungsschimmer. Außerdem wird das CHATEAUX-artige Lick zu oft wiederholt. Den Rausschmeißer (falls man denn bis hier durchgehalten hat, was ich kaum annehme) bildet „Under Northern Skies“, Langeweile pur, also ein würdiges Finale.

Ich würde ein Tourpackage mit TRIBAL und ANOMALIE empfehlen. Drei dermaßen unprofessionelle Bands auf einen Haufen, das hätte was. Und es würde auch dem letzten Indianer die Mokassins von den Fersen wehen, davon darf getrost ausgegangen werden. Der Tiefpunkt meiner Reviewerkarriere, ehrlich. Einen Punkt dafür, dass solch ein Niveau konsequent durchgehalten wird, ohne die geringste Absicht, mal nach oben zu entwischen. Das hat schon wieder was. Ganz ganz schlecht.

23.03.2007
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