Altarage - The Approaching Roar

Review

ALTARAGE, die verrückten Spanier aus dem Baskenland, kannte ich zuvor tatsächlich nicht. Ich hab sie letztes Jahr auf einem Konzert als Opener live gerade noch für fünf Minuten mitnehmen können, unwissend welche schwarze Kapuzen da auf der Bühne einen wirklich erschreckenden Sound vom FOH gezimmert bekommen haben. Da war ich eigentlich für ISKALD, BLAZE OF PERDITION und HORNA. ALTARAGE wurden meinerseits nicht weiter beachtet und vergessen. Dann Bemusterung dieser Tage mit dem neuen Album und reingehört. Erst einmal verstört gewesen. Nachforschungen angestellt.

Bei Krachfetischisten im Untergrund konnten sich ALTARAGE mit ihren Demo „MMXV“ (2015) und den beiden Nachfolgern „Nihl“ (2016) und „Endinghent“ (2016) bereits einen Namen machen, bald steht mit „The Approaching Roar“ bereits der zweite Langspieler bei den normalerweise sehr geschmackssicheren französischen Nachwuchsentdeckern bei Season of Mist (und das dritte Album insgesamt) an. Trotzdem weiß man so gut wie gar nichts über das vollkommen anonyme Projekt (die auch aufgrund der schon eingangs erwähnten Kapuzen auch live nicht zu identifizieren sind). Ähnlich undurchdringlich stellt sich auch die Musik dar.

ALTARAGE sind für Disharmoniker geeignet, aber Packungsbeilage beachten!

Schön klingt hier wirklich gar nichts. Eine Schmutzlawine aus dissonanten Riffs, Schlagzeug-Geprügel und einem kehligen, äußerst gepressten Growling überrollt einen vom Opener „Sighting“ nach kurzem Intro an. Es drängen sich Vergleiche zu vielen Bands auf: PORTAL zu ihrer Phase auf „Swarth“ kommen an vielen Stellen in den Sinn, GORGUTS oder ULCERATE, die grob auch mit Atonalität, Disharmonie und einer unglaublichen Brutalität, aber auch technischem Können operieren, wären auch grobe Einordnungsreferenzen. Aber auch andere Death-Metal-Bands, denen abgründige Atmosphäre mehr denn technische Perfektion am Herzen liegt (TEITANBLOOD, MITOCHONDRION, ANTEDILUVIAN, ABYSSAL, LVCIFYRE uvm.), können als Beispiel dienen, was einen hier erwartet.

ALTARAGE befinden sich grob in demselben Fahrwasser, heben ihren Kopf aber nicht für technische Kabinettstückchen oder Auflockerung aus dem Urschlamm. Das ist aber auch gar nicht Ziel: Anstatt mit irrwitzigen technischen Fähigkeiten oder abwechslungsreichem Songwriting zu überzeugen, wollen ALTARAGE nur eins: den Hörer atmosphärisch ganz einnehmen und in ihren lichtlosen Kosmos hinabziehen. Das beinhaltet neben Blastbeats, Doom-Schwere aus tonnenschweren Riffs auch als Intro getarnte Verzerrer Eskapaden („Urn“, „Engineer“) oder mal ein wenig trügerische Ruhe im Auge des Sturms, bevor dieser später erneut über einen hereinbricht („Chaworos Sephelln“).

Wahnsinnig abwechslungsreich wird „The Approaching Roar“ dadurch aber trotzdem nicht, vielmehr wird dadurch noch ein letzter Funke Lebens- und Hörenswille aufrecht erhalten, um die Musik nicht schleunigst auszumachen. Dabei wird im Wechsel von kurzen, 2-3 minütigen Attacken („Sighting“, „Knowledge“, „Hieroglyphic Certainty“, „Engineer“) auf die Lauscher und eher ausladenden, monolitischen Death-Doom-Monstern („Cyclopean Clash“, „Urn“, „Chaworos Sephelln“) vorgegangen.

„The Approaching Roar“ brüllt gut, aber beißt nicht vollständig zu

Das leidige Thema der Aufmerksamkeit über Dauer und der Abwechslung ist nicht ganz von der Hand zu weisen, nicht zuletzt weil die Riffs oft so lange gehalten werden, dass es in Drone-Gefilde geht und man nur noch Rauschen wahrnimmt. Leute, die auf Power Metal stehen, werden Truppen wie ALTARAGE sowieso schon wie der Teufel das Weihwasser meiden. Was ist aber nun mit den Krachfetischisten, die wissen wollen, ob sie hier gutes neues Futter bekommen? Nun, wenn es nur etwas Kurzweiliges sein soll, um sich mal wieder wegzuballern, gerne.

Wenn ihr auf der Suche nach Langzeitwirkung seid, könnte sich  „The Approaching Roar“, ebenso wie die Vorgänger, als ein wenig zu fad über die 42 Minuten herausstellen und mehr wie die Fahrstuhlmusik in die Hölle wahrgenommen werden. Das unterscheidet in qualitätstechnischer Hinsicht dann noch einmal von Bands wie GORGUTS oder ULCERATE, die schlicht mit abwechslungsreicheren Songs mit Langzeitwirkung überzeugen können und diese absolut lebensfeindliche Atmosphäre packender gestalten. Alle Masochisten, die auf so etwas Unnötiges wie Abwechslung, nachvollziehbares Songwriting oder Harmonie in ihrem Death Metal verzichten können, machen mit dem neuen Langeisen von ALTARAGE wenig falsch.

22.01.2019
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