Amiensus - Ascension

Review

AMIENSUS bestätigen mit „Ascension“ folgende Vermutung: Der Teufel spielt Siebensaiter. Während er die Hölle auf Betriebstemperatur bringt, geht er raus in den Garten und gießt mal liebevoll und in aller Ruhe die Orchideen. So ungefähr klingt es, wenn die Amerikaner von AMIENSUS den Hammer kreisen lassen, dann unerwartet aus dem pechschwarzen Molloch des Black Metal auftauchen und im progressiven Irrgarten wandeln. Der Opener „On These Deserted Plains“ friert den Hörer beinahe ein, so gnadenlos knattern AMIENSUS uns die Blastbeats um die Ohren. Umso erlösender wirkt die Ruhe nach dem Sturm, die sich mithilfe eines warmen Schwalls aus harmonischen Tönen wärmend über dem Hörer ergießt. Ihr merkt schon, „Ascension“ lebt vom Wechselspiel.

Richtig durch die Falltür plumpst der Hörer dann mit „Towards Horizon“, ein fragiler, ruhiger Song mit siebeneinhalb Minuten Länge, der dem Hörer Schwerelosigkeit verleiht und erst zum Ende hin mit garstigem Gekeife den Deckel zumacht. Spätestens das folgende „What Words Create“ manifestiert, wer sich hier angesprochen fühlen wird, denn die offensichtlichen Parallelen zu BORKNAGAR und OPETH sind nicht mehr von der Hand zu weisen. Enorm komplexe Arrangements, hitzige Wechsel, die sich gegenseitig befruchten und ineinandergreifen, obwohl sie eigentlich nicht zusammengehören. Guttural ergreifendes Schreien geht einher mit melodiösem, schon fast folkigem Frauengesang und in jedem Ton schwingt Überlegenheit und eine gewisse Epik. Großartig, was AMIENSUS hier abliefern und, genau wie die optische Erscheinung der Bandmitglieder, findet auch die Musik jenseits des üblichen Standards statt. Die optimale Produktion gibt den passenden Rahmen für die klangliche Vielfalt und wird jedem Rädchen im Uhrwerk absolut gerecht.

AMIENSUS kommen über lange Strecken instrumental aus („Glass Dungeon“), lassen häufig Raum für schwebende Melancholie und in diesen Momenten ist „Ascension“ fast am stärksten („Time Is Growing Old“). Denn dann wird klar, dass hier ehrliche Musik präsentiert wird, dass jemand über Grundlagenwissen und Fähigkeiten verfügt und sich auch nicht scheut sondern trauen kann, Grenzen kreativ zu überschreiten. „What Evil Lay Dormant“ lässt alle Dämme brechen – AMIENSUS mischen moderne Elemente unter die schwarze Suppe und knallen dem Hörer ein erstklassiges Melodic-Death-Riff vor den Latz. Nebenbei glänzt der letzte Song auch noch mit einem weit ausladenden Keyboard-Outro und frisst sich dank Eingängigkeit nachhaltig ins Ohr. „Ascension“ von AMIENSUS gleicht einer unvorhersehbaren Reise, die von der arglosen Märchenwelt direkt ins Schattenreich und wieder zurück führt. Warum haben AMIENSUS keinen Plattenvertrag, während schlechte Imitationen von FILTH OF BORGIR ungeschoren trollen dürfen?

17.07.2015
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