Beastmilk - Climax

Review

Selten hat eine Band in letzter Zeit von jetzt auf gleich so hohe Wellen geschlagen wie BEASTMILK. Dafür, dass die Finnen bis vor wenigen Wochen kaum eine Sau (und Fenriz) kannte, geistert „Climax“ mit irrer Frequenz in sozialen Medien durch die einschlägigen Kreise, überschlägt sich die Journaille mit Lobeshymnen und presst Svart-Records schon kurz nach Release die zweite Vinyl-Auflage. Es dürfte schon nicht mit rechten Dingen zugehen, fände sich „Climax“ zum Jahresende nicht in einem Haufen von Bestenlisten auf den oberen Positionen. Und das völlig berechtigt,…

…denn „Climax“ ist allen Hype-Unkenrufen zum Trotz ein Album, das BEASTMILK im Kampf um die Newcomer-des-Jahres-Trophäe ganz nach vorne katapultiert – und heute wohl den Status eines Klassikers inne hätte, wäre es fünfundzwanzig oder dreißig Jahre früher veröffentlicht worden. BEASTMILK stützen sich auf die großen Namen des Goth und Dark Rock sowie des Psycho und Horror Punk, das aber mit einer detailverliebten Leichtigkeit und völlig selbstverständlich wirkenden Überzeugungskraft und Natürlichkeit, dass es nicht die Bohne interessiert, wenn man „Climax“ als lupenreines Destillat von THE CURE, MISFITS, DANZIG, KILLING JOKE, JOY DIVISION, SISTERS OF MERCY oder LOVE LIKE BLOOD in quasi fast jeder Note ausmacht. Jeder der zehn Songs hält, was das ikonische Artwork als Eyecatcher verspricht: „Climax“ verzeichnet keinen Ausfall. Irgendwo (will sagen: allerspätestens im ersten Refrain) wartet ein Riff, eine Gesangslinie oder eine Melodie, die so einfach wie wirkungsvoll schaurigen Grusel und das Gefühl eines fragilen Daseins als immer-melancholischer Mensch verbreiten. Großen Anteil hat Sänger Kvohst, der entgegen seinen üblichen Betätigungsfeldern CODE und HEXVESSEL bei BEASTMILK eine extrem vereinnahmende Stimme aufweist und gerne mal nach ANATHEMAs Vincent Cavanagh oder des Schinkengotts Gegniedel klingt, aber nie wie eine billige Kopie wirkt.

Und im Kern ist dies die große Stärke von „Climax“. Trotz offensichtlicher Vorbilder und einem exorbitant hohen Grad an Mainstream-Kompatibilität biedert sich „Climax“ weder an dem einen noch dem anderen an. Es erscheint zugänglich aber nicht im billigen Sinne. Vielmehr erfordert es ein wenig Einfühlungsvermögen, nutzt sich dafür auf lange Sicht aber nicht so schnell ab. BEASTMILK lassen den Spagat zwischen rockigem Vorwärtsdrall und ausgewiesener Mainstream-Poppigkeit nicht als solchen erscheinen, sondern schaffen es, homogen zu agieren und mit einfachen Mitteln den größtmöglichen Effekt zu erreichen: Eingängigkeit mit Langzeiteffekt. Ob BEASTMILK in diesem Korsett nochmals so eine Scheibe auf den Teller werden legen können, bleibt ungewiss. „Climax“ aber wird noch lange nachhallen.
22.12.2013
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