Bell Witch - Future's Shadow Part 1: The Clandestine Gate

Review

BELL WITCH nehmen sich auf „Future’s Shadow Part 1: The Clandestine Gate“ mal so richtig Zeit um durch jenes geheime Tor zu schreiten. 83 Minuten ist nicht nur das neue Album der Funeral-Doom-Experten lang, sondern auch der einzige Track des Langspielers.

Spiegelte sich das Konzept des Vorgängers „Mirror Reaper“ noch in zwei langen Songs („As Above“ und „So Below“) wider, bildet „The Clandestine Gate“ nur den Auftakt zu einer Trilogie. „Das dritte Album wird nahtlos an das erste anknüpfen, wodurch ein endloser Loop entsteht“, erklärt Bassist Dylan Desmond. „Es orientiert sich an einem Tagesverlauf. Dieses Album bildet die Morgendämmerung ab, das nächste die Mittagszeit, das dritte schließlich den Sonnenuntergang, wobei es in die Nacht hineinreicht, in der auch das erste beginnt.“ 

Morgengrauen á la BELL WITCH

Entsprechend schläfrig und zaghaft beginnt „The Clandestine Gate“. Orgeltöne vermitteln für die ersten knapp zehn Minuten das Gefühl einer Morgenandacht, bis die ersten schweren Riffs ertönen. Doch schon bald verklingen auch diese in einer flächigen Atmosphäre und gehen über in dezente Akustik-Saitenschläge, leisen Gesang und wohlplatzierte vereinzelte Percussion-Schläge.

Erst nach einer guten halben Stunde, wenn man vom Brötchenholen wieder zurück ist, steuert das Album langsam auf seine ersten Höhepunkte zu. Leidende Growls und schleppende Gitarren treiben durch eine finstere Sound-Landschaft. Für das, was das Album erreichen will, ist es perfekt produziert, wodurch jedes Detail hervorgehoben wird und treffsicher in der darbenden Seele landet.

Vor allem gegen Ende mischen sich zunehmend hoffnungsvollere Melodien in den Morgendämmerungs-Track. Der erwachende Tag wirkt weniger düster, blickt aber auch immer wieder zurück auf die verschlafenen Anfänge.

„The Clandestine Gate“ wächst mit jedem Takt

Wo andere Überlänge-Epen zu ambitioniert sind und an der Komposition eines schlüssigen Gesamtbildes scheitern, gelingt es BELL WITCH, wiedererkennbare Momente zu schaffen, wodurch das Konzept umso stärker wirkt. „The Clandestine Gate“ ist nicht nur eine Aneinanderreihung von Ideen, sondern ein sorgsam ausgearbeitetes Stück, das mit jedem Takt wächst.

Unter anderem diese Liebe zum Detail ist es, die am Ende der morgendlichen Reise trotz ihrer Länge Lust auf einen weiteren Durchlauf macht. Es stimmt nicht alles auf diesem Album. Manche Momente schleppen sich dann doch eher zäh als bezaubernd. Aber insgesamt stellt das Album eine katharische Morgenandacht dar, die ein wahrer Leckerbissen für geduldige Funeral-Doom-Fans ist.

05.06.2023
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