Bipolar Architecture - Depressionland

Review

BIPOLAR ARCHITECTURE ist eine deutsch-türkische Band aus Berlin und Istanbul und verortet sich selbst im Blackgaze und Post-Metal, zwei interessante Genres mit einer diversen Spannbreite. Nach einer EP und zwei Singles hat die Gruppe um Songwriter, Sänger und Gitarristen Sarp Keski nun ihr erstes Album „Depressionland“ Anfang August veröffentlicht. Scheint also schon einmal keine fröhliche Angelegenheit zu werden.

BIPOLAR ARCHITECTURE schauen nicht nur auf ihre Füße

Wusstet ihr eigentlich, dass der Begriff „Shoegaze“ von der britischen Musikpresse erfunden wurde, die bei Auftritten von Künstler:innen des Genres immer den Eindruck hatten, dass diese ständig nur auf ihre Füße starren? Blackgaze ist dann letzten Endes das Ganze mit mehr Black-Metal-Elementen und der Opener und Titeltrack von „Depressionland“ hat gerade in Sachen Riffs und Atmosphäre den Shoegaze definitiv im Blut, die schwarzmetallischen Elemente sind aber ebenso präsent. Das bedeutet: weniger auf die Schuhe starren, mehr die Haare schwingen lassen.

Neun Songs bietet „Depressionland“, diese sind mal post-proggy verspielt wie „The Criticizer“ und „Dystopia Is The Reality“, mal geben sie relativ straight auf die Rübe, wie „Expectations“. Doch das umreißt nur die ungefähre Richtung, in die sich BIPOLAR ARCHITECTURE bewegen. Die einzelnen Stücke schaffen es, Gänsehautmomente und Atmosphäre zu transportieren, wie es sie nur selten gibt. Das beweist das großartige „If Words Were Swords“, welches (bei dem Titel schon fast philosophisch) ohne Worte, aber mit extra viel Gefühl auskommt. „So I Altered“ hingegen hat Riffs, die schon arg djentig klingen.

Ein schwarzer Strauß voller Ideen – „Depressionland“

Es ist fast schon unverschämt, wie viele gute Ideen sich in „Depressionland“ verstecken. Das Album ist von vorne bis hinten ausgereift, verspielt und – es kann nicht oft genug gesagt werden – verdammt atmosphärisch. Zudem ist die Produktion der Scheibe glasklar, angenehm organisch, lässt den Instrumenten wie dem Gesang genug Raum. Sie ist druckvoll, sauber und hat kein künstliches Gerumpel.

Das letzte Debütalbum im Shoe- und Blackgaze-Bereich, das vom Fleck weg einen so vom Hocker gehauen hat in Sachen Atmosphäre und musikalischem Können war die „Souvenirs D’un Autre Monde“ von ALCEST und das ist jetzt auch schon fünfzehn Jahre her. Man stelle sich nun ein Doppelkonzert beider Bands in einer spärlich beleuchteten Location mit glasklarem Sound vor, wobei diese beiden Alben hintereinander weg gespielt werden. Die Erpelpelle würde noch nach einigen Tagen nicht verschwinden.

„Depressionland“ macht nichts falsch

BIPOLAR ARCHITECTURE liefern mit „Depressionland“ ein komplett ausgereiftes Werk, das sich auf seinen neuen Stücken in fünfzig Minuten sehr wenig Blöße erlaubt. Die Band liefert einen heißen Anwärter auf das beste Debütalbum des Jahres 2022 und sollte von jedem und jeder, die Genres, die auf „-gaze“ enden mögen, ausgecheckt werden.

04.09.2022

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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