Bucium - Voievozii

Review

Das Wunderbare an vielen rumänischen Bands ist, das die Texte, die aus tiefstem Herzen kommen, in der Landessprache gesungen werden, was jedoch einige Leute, die der rumänischen Sprache nicht mächtig sind, etwas benachteiligen könnte. Aber ein Album über die Geschichte Rumäniens entfaltet nur so eine authentische und vor allem dichte Atmosphäre. Dabei können die rumänisch vorgetragenen Lyrics auf „Voievozii“ (zu deutsch: Heerführer bzw. Fürsten) angesichts ihrer eindringlichen Geschmeidigkeit uneingeschränkt überzeugen, auch wenn man die Texte nicht versteht, denn die teilweise lautmalerisch vorgetragenen Gesangslinien passen hervorragend zum musikalischen Gesamtkonzept.

NEGURA BUNGET nicht unähnlich thematisieren die Jungs und das Mädel von BUCIUM unter anderem die heidnische und vorchristliche Kulturgeschichte des eigenen Landes sowohl textlich als auch musikalisch und widmen sich primär rumänischer Geschichte, Sagen, Erzählungen und Mythen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der kraftvollen musikalischen Umsetzung der Inhalte, die sich jedoch nicht wie bei NEGURA BUNGET dem Black Metal zuordnen lässt, sondern aufgrund der klar strukturierten Melodieführung und den Clean Vocals im Folk Metal beheimatet ist und damit auch allen Mittelalter-Freunden wärmstens ans Herz gelegt sei.

Den stimmungsvollen Auftakt machen atmosphärische Keyboardklänge und ein gesprochenes (längeres) Zitat von Neagoe Basarab, bevor nach etwas über einer Minute die ersten Gitarrenriffs und auch die Geigen, die bei den Rumänen eine Schlüsselfunktion innehaben, einsetzen und einen nahezu episch zu nennenden Titeltrack offenbaren, der in eine folkloristische Ausgelassenheit mündet. Neagoe Basarab, Fürst der Wallachei von 1512 bis 1521, schrieb übrigens eines der frühesten und auch wichtigsten Werke rumänischer Literatur, genannt „Invataturile lui Neagoe Basarab catre fiul sau Teodosie“ (zu deutsch: „Die Lehren von Neagoe Basarab an seinen Sohn Theodosie“), in denen er sich zu Themen wie Philosophie, Diplomatie, Moral und Ethik äussert. Aus genau diesem Werk stammt das Eingangs erwähnte Zitat.
Mit rockenden Gitarren-Riffs, wuchtigen Double-Bass-Drums und den für BUCIUM typischen Geigen beschreibt der zweite Song „Basarabii“ die Wurzeln des mächtigen Geschlechts der Basarab, aus dem später Neagoe Basarab emporstieg, während „Sorbul Apelor“ – passend zum lyrischen Kontext – von Kriegern, die sich vor einem wichtigen Kampf gegen das immer wieder ins Land einfallende Osmanische Reich am Wasser der Donau laben und so gestärkt an den Sieg im Kampf glaubten, in Sachen Geschwindigkeit noch einmal kräftig zulegt, um sich zum Ende des Songs mit Double-Bass-Drums, Gitarren und den Geigen zu duellieren. Toll!
Erst mit den folgenden drei Songs wird das Tempo wieder etwas gedrosselt und arbeitet sich mit „Maria Doamna (Raresoaia)“ – einer wunderschönen Hymne an die Ehefrau von Stefan cel Mare (Stefan der Große), dem Fürsten von Moldau (Stefan cel Mare gehörte neben Mircea cel Batran, Iancu de Hunedoara und Michael dem Tapferen zu den bedeutendsten Herrschern der Vorläuferstaaten des heutigen Rumänien, denen heute rumänische Nationalität zugeschrieben wird.) – zum eigentlichen Highlight des Albums: „Zalmoxe“. Dieser von elegischen Geigen- und Bassmelodien dominierte Song widmet sich thematisch der historischen Figur des Zalmoxe, der eine Gottheit bzw. ein religiöser Führer unter der Herrschaft des Königs Burebista war, welcher vor 2.000 Jahren den ersten zentralisierten Staat Dakien schuf, der größtenteils aus dem Gebiet des heutigen Rumäniens und Moldawien bestand. Dabei wird der Song in dramatisch-mitreißender Manier musikalisch und gesanglich wunderbar stimmig und tief berührend auf die Spitze getrieben, so dass sich bei mir mehr als einmal der Körper in Genußkribbeln kräuselt und Hühnerhäute den Rücken rauf und runter laufen.
Den krönenden Abschluß bildet das über fühnzehn-minütige Epos „Rovine 1394“, in dem die Schlacht um Rovine im Jahre 1394 erzählt wird, in der Mircea cel Batran mit einem Heer von 10.000 Mann eine osmanische Invasion von 40.000 Mann siegreich und vernichtend schlug. Dabei beschreibt der gallopierende Rhythmus zur Mitte des Songs die Angriffswellen bis zur atmosphärischen Stille, in der nur die Geigen, die Gitarre und der Bass zu hören sind, um sich zum Ende des Songs mit eingespieltem Kampfgeschrei eines Heeres noch einmal zur finalen Attacke eindrucksvoll zu steigern.

BUCIUM haben mit „Voievozii“ ein beeindruckendes Debüt abgeliefert, das inhaltlich sehr stimmig in Szene gesetzt wurde und mit einer satten Produktion – gemastert wurde das Album übrigens in Franky Winkelmanns (GURD) Little Creek Studio – mitreißt und völlig überzeugt.

07.06.2008
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