Crimson Midwinter - Random Chaos

Review

Runde zwei in Professor Alboins archäologischer Reihe „vergessene Perlen finnischen Black Metals“: heute CRIMSON MIDWINTER, die 1996 nicht nur ein tolles Demo namens „Us Mere Mortals“ veröffentlicht haben, sondern 1998 auch ein fast genauso gutes Album mit dem Titel „Random Chaos“. Kurz darauf lösten sie sich auf und verstreuten sich in alle Winde. Gitarrist Jari ist heute bei semibekannten Death Metal-Bands aktiv, Sänger Jussi wildert in Thrashmetal-Gefilden, der Rest der Band hat sich in den tiefsten Underground zurückgezogen oder die Instrumente gleich an den Nagel gehängt. So kann das Schicksal talentierter Truppen auch aussehen – speziell, wenn sie bei Black Mark unterschrieben haben.

Bevor das geschah, waren CRIMSON MIDWINTER aber eine ungewöhnlich stiloffene melodische Black Metal-Band, die auf dieser Basis unbeschwert typisch finnische Keyboardflächen (durchaus vergleichbar mit THY SERPENT und … AND OCEANS), ziemlich fixe Blasts, groovige Parts aus dem Death Metal, thrashige Beats und True Metal-Lyrics miteinander vermengt hat. Dazu kommen nette Experimente mit Flangereffekten und Akustikgitarren, die sich 1998 auch nicht jeder getraut hat. Das klingt erstmal, auch analog zum Titel, chaotischer, als es sich letztlich anhört. In der Praxis hat diese Mischung ziemlich gut funktioniert, weil sie unverbildet und spontan war. Schon der Opener „Carnal Inferno“ ballert atmosphärisch und dynamisch nach vorne, wirkt frisch und spielfroh und macht Lust auf mehr. Davon gibt es auch mehr: „The Burden Of Mortality“ mit wunderschönen Synthesizern, „Loneliness, Bitterness/Utopi“ oder das abschließende „Like Pears Before Swine“ schlagen in eine ähnliche Kerbe.

Dazwischen finden sich aber auch immer wieder Tracks, die die Neigung der Band zum Metal-Lifestyle dokumentieren und durchaus auch als rohe Black Metal-Version von GRAVE DIGGER mit … AND OCEANS-Synths durchgehen könnten. „Metalglory!“ oder „Bloodmetalfist“ sind gute Songs mit einer Botschaft, die 1998 nur noch wenige Black Metal-Bands vertreten haben: dass Black Metal auch „nur“ Metal ist und auch gerne so klingen darf. Das macht CRIMSON MIDWINTER posthum ungemein sympathisch.
Genau wie ihre gesamte in weniger als einer Woche produzierte Platte, die voller unwichtiger, charmanter Unsauberkeiten ist. „Random Chaos“ ist ein typisches Debüt: roh, ungestüm, nicht perfekt, aber außerordentlich stimmungsvoll. Wer die Platte irgendwo im Secondhand-Laden findet und ein paar Münzen in der Tasche hat, sollte zugreifen. Ein echtes Sammlerstück, nicht von objektivem, aber zumindest für mich von großem subjektivem Wert.

30.12.2010
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