Crowhurst - III

Review

CROWHURST ist das Solo-Projekt von Jay Gambit, das mal als Electronic Noise gestartet ist und mittlerweile irgendwo zwischen Metal, Electronic und experimentellen Sounds pendelt. Guckt man sich die Veröffentlichungsliste auf Metal Archives des 2011 gestarteten Projektes an, kommt man um ein anerkennendes Nicken nicht herum: Singles, EPs, Compilations und Alben in einer Anzahl, die den meisten Black-Metal-Bands vor Neid die Schminke vom Gesicht fließen lassen würde, summieren das musikalische Leben. Nun steht im Zuge des CROWHURST’schen Schaffens, das so nette Dreingaben wie „Fuck You Dave Grohl“ beinhaltet, das sage und schreibe einunddreißigste (!) Album unterm Banner von Prophecy Productions mit dem lapidaren Titel „III“ an.

Mr. Gambit ist nicht allein unterwegs und hat sich für die Instrumentierung auch älterer Werke immer Musiker dazu geholt: Ethan McCarthy (PRIMITIVE MAN), Tony Wakeford (DEATH IN JUNE, SOL INVICTUS), Tara Vanflower (LYCIA), Brandon Elkins (AUDITOR), Jon Nihil (LYCUS), Mac Stephens (PYTHIA) sind der Großteil, aber noch längst nicht alle, die auf diesem Album aufgefahren werden.

CROWHURST haben einen wilden, experimentellen Genremix in ihrem Nest

Reichlich cinematisch und experimentell wird gestartet, mit Chor und kurz darauf aufkeimendem Drum-  und Gitarrengewitter nebst harschen Vocals im Opener „I Will Carry You To Hell“, lässt es sich an (symphonischen) Black Metal zurück denken, gar ein wenig die Gedanken an einen bösen Klon von DEVIN TOWNSEND, der zusätzlich auch mit Noise und Industrial gut zurecht kommt, aufkommen. Erst recht ab dem folgendem „La Faim“, das mit dem Pendeln zwischen Hafenspelunken-Gesang und manischem Gekeife, sowie disharmonischen Drone- und Noiseeskapaden zu Bestürzung, Verwirrung und empfundener Trostlosigkeit des Hörers beitragen.

„Self Portrait With Halo And Snake“ startet perkussiv und mit einem gewissen KING DUDE oder JOHNNY CASH-Vibe, auch gesanglich, bevor es später in irgendwas zwischen Post-Hardcore-Atmosphäre und Black Metal geht. „Ghost Tropic“ ist quasi nochmal dasselbe, nur dieses Mal mit Sludge- bzw. Doom-Vibes in instrumentaler Hinsicht, bevor es dann in Blast-Beat Gefilde geht. Auch „The Drift“ und „Five Characters In Search of An Exit“ bleiben grob in demselben Fahrwasser und würzen die Songs mal mit rudimentärem Frauengesang, dann mal wieder richtig fiesem Drop-Tuning und bratenden Riffs, die positiv „dröhnen“ und drohen oder inserieren industriell kalte Elektronika als letzten goldenen Schuss für den Hörer.

„III“ ist das musikalische Äquivalent zu Performance-Künstlern

So kann man das Werk als das musikalische Äquivalent zu solchen „Performance-Artists“ sehen, die sich in der Öffentlichkeit ihre Hoden an den Boden nageln um damit irgendwas über die Gesellschaft aussagen zu wollen. Tut schon weh beim angucken und hinhören, ist es aber auch verstörend interessant auf eine bestimmte Art und Weise? Ja, das schon, aber auch von Dauer und relevant, abseits des Tageshypes? Das bleibt abzuwarten. Die einen werden die Frage „Ist das Kunst oder kann das weg?“ bejahend beantworten, während andere was von überhypten und vollkommen überschätzen Profilneurotikern in Richtung Jay Gambit faseln werden. Wie so vieles ist auch „III“ Musik über einem Spektrum:

Das Verarbeiten persönlicher Erfahrungen und Emotionen des Künstlers mithilfe der Musik, die Musik im Kontext des Backkataloges von Herrn Gambit, die Musik an sich und die Rezeption derselben. Ich bin auf dem Spektrum irgendwo auf der Seite, die erst einmal generell interessiert ist an diesem Wahnsinn, aber nicht in Fangirling ausbricht und CROWHURST (noch nicht) als nächstes großes Ding anpreisen kann. Dazu fehlt noch das ordentliche Verpacken und Ordnen dieser Ideen in gute Songs, was hier noch ein wenig mehr wie Stückwerk wirkt. Im Gegenzug zu den Frühwerken, die sehr viel mehr noch in Noise, Ambient und Elektronik verwurzelt waren, gibt es hier einerseits die sehr viel gefälligere Metalseite zu hören, die Noise-Jüngern wohl zu soft ist, andererseits ist auch diese für den durchschnittlichen Metaller dann wahrscheinlich durchaus noch zu experimentell und „edgy“ angehaucht.

Somit setzt man sich hier zwischen alle Stühle. Für die nächste Sinnkrise oder Weltschmerzparty von uns Soja-Latte trinkenden Millenials, die irgendwas mit Medien studieren und jetzt voll kreativ, aber auch brutal mal den ganzen Abfall entsorgen wollen, aber durchaus mal für zwischendurch geeignet.

08.04.2019
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