Der Weg Einer Freiheit - Agonie EP

Review

Alle Kurzhaarigen, die Black Metal spielen und früher mal Metalcore gemacht haben, sind schwule Hipster, Hedonistentunten und Kids, die von der wahren Essenz dieser Musik keine Ahnung haben und aufgeknüpft gehören. Das sagen jedenfalls diejenigen Black Metaller, die den ganzen Tag die Riege talentloser Polterbands rauf- und runterhören und seit 1993 nicht mehr auf die Straße gegangen sind, was natürlich sehr viel elaborierteren Geschmack beweist.

Mag sogar alles sein. Tatsache ist aber, dass DER WEG EINER FREIHEIT, so kurzhaarig die Band auch sein mag, ihre Instrumente wenigstens beherrscht, dass sie gute Songs schreibt, die nicht alle gleich klingen, dazu ziemlich reflektierte Texte verfasst und aus zudem sehr sympathischen, lockeren Jungs besteht, die nicht bei 30° im Schatten so dämlich sind, in 40-Loch-Stiefeln, Kniebundhosen und Lederjacken mit shocking NSBM-Patches auf Festivals mit schlechter Musik in ihrer eigenen Kotze rumzuhängen und sich gegenseitig im Erzählen von Saufexzessen zu überbieten. Ich mag das. Weil es so bestechend intelligent ist. Und ich mag auch die Musik von DWEF. Davon gibt es auf „Agonie“ zwei Achtminüter, zwei etwas kürzere Songs und das Zwischenstück „Ana“. Die Platte ist erstmals als Band eingespielt und in Hamburg von Eike Freese produziert worden, der DWEF einen sehr kalten, modernen und distanzierten Sound verpasst hat.

Stilistisch hat sich seit dem Debütalbum nicht viel verändert. Noch immer ist Nikita Kamprad die treibende musikalische Kraft hinter der Band, und das hört man auch. Seine schmissigen Mollakkord-Riffs, garniert mit postrockigen, zweistimmigen Leadgitarrenmelodien und Akustikgitarrenparts sind sogar aus der unübersehbaren Menge an Black Metal-Bands herauszuhören, und das ist ein Qualitätsmerkmal. Mir ist das, was er der Gitarre entlockt, gerade in Bezug auf den EP-Titel zwar manchmal zu wenig emotional, mir steckt sein Stil zu sehr zwischen moderner Kühle und nostalgischer Atmosphäre fest. Aber gekonnt ist es trotzdem, gerade im Zusammenklang mit dem fantastisch austarierten, corigen Geschrei von Sänger Tobias Bär, was gerade in den schwebenderen Momenten der Stücke bestens funktioniert (das Ende von „Der stille Fluss“). Ex-Drummer Christian Bass, hier ein letztes Mal zu hören, ist im Vergleich zum Album tighter, auch schneller und verleiht den vier Songs eine Menge Drive und Fluss, ohne dabei zu sehr im Vordergrund zu stehen. Ein wenig mehr Abwechslung zu dem leicht inflationär gebrauchten Blastbeat wäre zwar nett, aber das ist nur mein sehr persönliches Empfinden. Wie das ginge, wie man die „Agonie“ auch hören könnte und wie gleichzeitig Synthesizer eine nette Rolle spielen könnten, zeigt das großartige „Posthum“.

Herausragende Momente bietet „Agonie“ nicht (bis auf besagtes „Posthum“), aber dafür vier gleichartig gute Songs mit dezent verschiedenen Schwerpunkten, von denen keiner in den durchschnittlichen Qualitätsbereich abrutscht. Mir gefällt an DWEF, dass sie dazu ansetzen, einen Stil zu etablieren, der sich von skandinavischen Vorbildern löst, sich nicht selbst im Oldschool-Kerker angekettet, aber auch nicht zwanghaft modern sein will. Damit wird sich die Band mit der Zeit eine vielleicht nicht riesige, aber treue und vor allem würdige Fangemeinde aufbauen. Das Einzige, was ich nicht verstehe, ist: Warum eine EP? Drei weitere Songs, und „Agonie“ wäre ein tolles Album gewesen.

27.07.2011
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