Desolation - Call The Storm

Review

Mit Desolation hat sich wieder eine Band meiner Aufmerksamkeit ermächtigt, die es Wert zu sein scheint, dem Lokalpatriotismus Vorschub zu leisten. Warum auch in die norwegische Ferne schweifen, wenn das Böse liegt so nah? Desolation aus dem Hannoverschen Umland treten mit ihrem bereits 1999 gefertigten Album „Call The Storm“ an, halbherzigen Genre-Schwagern im Black- und Darkbereich mächtig die Glocken zu läuten. Neun Songs zwischen leidenschaftlicher Gewalt, intensiver Melancholie und sphärischer Geschwindigkeit beuteln in satten 46 Minuten die Seele. Ungeniert blasten sich hier schwarzmetallene Drumsalven durch die Keyboardschleier, dort verbeißt sich das gellende Kreischen in einen Granit aus tonnenschweren Riffs, der alsbald zerbirst an den kannibalischen Growls von Keyboarder Sebastian Thomas (absolut todbringend in „Todgeweiht“) und ferner in erhabenem Choral zerschmilzt. Das Keyboard versteht sich hierbei als souveränes Instrument, hier und da ein wenig zu privilegiert; das jedoch hängt eher mit der produktionstechnischen Zurückhaltung des Gitarrenmassivs zusammen. Insgesamt führen die synthetischen Klänge mal munter, mal balladesk durch das dunkle Universum des niedersächsischen Sextetts, fast wie in einer Erzähler-Funktion immer präsent, manchmal eingreifend und führend, um im nächsten Moment dann den Gewalten der Geschichte ihren Lauf zu lassen. Drum- und Saitenarbeit arbeiten herrlich ineinander, die zahllosen verschiedenen Parts greifen einander wie in logischer Reihenfolge auf, ohne dabei absehbar zu werden. Der weibliche Sopran von Ex-Keyboarderin Lydia Herrmann ergänzt in Songs wie „A Certain Knowledge“ auf epische Art und Weise die Key-Sphären, der oftmals cleane Tenor von Kreischer Johannes Bergmann wirkt auf dieser CD noch etwas mürbe. Mittlerweile jedoch ist auch dieses Manko behoben, wie man mittlerweile live unter Beweis stellt. Auf der Bühne ziehen Desolation schon seit jeher sämtliche Register der guten Death-/Black-Schule, so dass beispielsweise Bergmann selbst nach vollständigem Verlust seiner Mikrofonverstärkung als Frontorgan Ehre und Bestand hat und die Soundwand seiner Band á Capella durchdringt! Respekt! Auch der Rest der Band hat live lang Dampf hinterm Nabel, um seiner gewillten Fanschar per Schallwucht die Wangen flattern zu lassen. Einziger Grund für Punktevorbehalt in der Bewertung von „Call The Storm“ ist seine seltsam dünne Produktion, an der eine Menge real vorhandene Wucht verloren geht. Aber angesichts der Tatsache, dass diese Eigenproduktion in sich homogen und instrumentgerecht abschließt, ist dieser Schönheitsfehler spätestens nach Genuss des ersten Titels nicht mehr von Belang. (Link)

19.11.2001
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