Die Skeptiker - Schwarze Boten

Review

Wieso taucht eine Punkband auf diesen Seiten auf? Und warum bespricht der komische Vogel hier eigentlich 2013 ein Album, das 1993 erschienen ist? Die Antwort auf beide Fragen ist nicht nur „Weil ich’s kann!“, sondern auch „Weil es sich lohnt!“. Tatsächlich zählt „Schwarze Boten“, das dritte Album der ostdeutschen Band DIE SKEPTIKER, nämlich trotz meiner metallischen „Heimat“ zu meinen Lieblings-Scheiben.

Ein denkbarer Grund hierfür ist, dass DIE SKEPTIKER musikalisch auf „Schwarze Boten“ beeindruckend nah am Metal sind – sowohl atmosphärisch als auch technisch. Punk-Fans würden wahrscheinlich am ehesten davon sprechen, dass die zwölf (bzw. elf) Songs eher im Hardcore-Punk zu verorten sind, ich bleibe aber einfach mal bei meiner Einschätzung und versuche, ein paar gute Gründe dafür zu liefern.

Los geht es eher harmlos: „Ein Lied“ ist eine zackige Punk-Version eines COMEDIAN HARMONISTS-Stückes und tut niemandem wirklich weh. Danach bricht aber in Form von „Widerstand“ und „Ohnmacht“ der Hardcore-Punk los. Zumindest oberflächlich – aber wenn man sich die Gitarren-Motive etwas genauer anhört, kommen sehr viele metallisch anmutende Stakkato-Anschläge zum Vorschein, und auch die musikalische Herangehensweise verorte ich eher im Metal als im Punk.

Mit „Vom Winde verweht“ und „What can I do? II“ geht es in gemäßigtere Gefilde – weniger Hardcore, gedrosselte Geschwindigkeit, mehr Melodie. Aber auch hier tritt in meinen Ohren ganz deutlich die Nähe zum Metal zu Tage – und zwar in Form der Atmosphäre! Melancholie (wenn auch nicht so prominent wie auf dem Vorgänger „Sauerei“), Verzweiflung, Ablehnung – all das setzt die Band um Sänger Eugen Balanskat in diesen Songs meisterhaft um.

Aber es wird noch besser: Der Titeltrack beginnt mit toller Akustik-Gitarre, bevor DIE SKEPTIKER ihre Symbiose aus Hardcore-Breitseite und getragenen Elementen perfektionieren – fein durchsetzt mit Endzeit-Stimmung. Mit „R.M.R.“ gibt es eine ruhige, experimentelle Umsetzung eines Rilke-Gedichtes („Fürchte mich so sehr…„), bevor mit „Camille Claudel“ (einer ziemlich deutlichen Kritik an Rodin), „Schwere Zeiten“ und „Megamaschine“ die Highlights des Albums ertönen.

Alles in allem brauchen sich DIE SKEPTIKER mit „Schwarze Boten“ weder atmosphärisch noch technisch hinter modernen Metal-Veröffentlichungen zu verstecken – ich würde sogar noch weiter gehen und dem Album eine höhere atmosphärische Dichte attestieren als viel zu vielen Black Metal-Alben dieser Tage. Lediglich die Produktion bleibt durch ihren Punk-Hintergrund und die zwanzig Jahre, die sie mittlerweile auf dem Buckel hat, ein wenig hinter der musikalischen Qualität zurück. Kein Grund, den „Schwarzen Boten“ nicht vielleicht doch eine Chance zu geben, oder!?

26.01.2013
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