Dragonland - Starfall

Review

Man darf zum Thema Technik Trends und Hightech Bügeleisen sagen was man will, aber der Discman gehörte wirklich zu den cleversten Erfindungen des vergangenen Jahrhunderts. Da machte es endlich wieder Spaß morgens zur Arbeit zu gehen; vom unendlichen Elysium bei mittelalterlicher Spielmannsmusik zu joggen ganz zu schweigen. Wie aber jeder Nutzer eines portablen CD Abspielgeräts weiß, ist die Tonqualität nicht zu Vergleichen mit der energischen Wucht zweier 800 Watt Boxen in heimischen Wohnhallen.
Und damit kommen wir auch direkt zur neuen Dragonland, denn wo das allseits gehasste St. Anger seine wahre Stärke erst auf Ohrstöpseln offenbarte, klingt Starfall wie die Gehversuche eines dreijährigen Zwergpavians auf einem elektronisch Verstärkten Casiokeyboard. Da passt absolut gar nichts zusammen – der Gesang tut in den Ohren weh, die Keys sind nicht zu hören, und die Gitarren bolzen blind und unrhytmisch alles in Grund und Boden. Kaum zu glauben dass diese Scheibe bei einem entsprechenden Tonwiedergabemedium zum unumstrittenen Powermetalalbum des Monats mutiert.
Denn dort zeigt die Produktion ihre wahre Stärke und zeigt allen skandinavischen Power Metal Spechten wie viel Druck man in Melodien stecken kann. Zwar entfalten die Keys leider erst nach mehreren Durchläufen ihre volle Wirkung, können aber dann den Ohrwurmfaktor um ein vielfaches erhöhen. Dementsprechend ist das Album auch anzusiedeln: Ohrwürmer und experimentelle Spielereien bis zum umfallen. Wo die ersten beiden Einstiegssongs noch in einem eindeutig moshbaren Gefetzte brillieren, geht der Rest in völlig andere Richtungen und parkt über Klassik- (‚Calling my Name‘, ‚To the End of the World‘) sogar in komplette Folkpassagen ein (‚The Shores of our Land‘). Das dreiteilige Abschlussepos ‚The Book of Shadows‘ zeigt sich dann nochmal von seiner atmosphärisch besten Seite und rundet die Scheibe würdig ab.
‚Starfall‘ kann sich also nach einer gewissen Eingewöhnungsphase als erstklassiges Melodic Metal Album entpuppen und zeigt dass auch Schweden ordentlich frickeln können. Wer also Stratovarius zu kraftlos findet und sich eh nicht damit abfinden kann dass die Truppe um Timo Tolkki zukünftig Frauengesang haben soll, darf ohne zu zögern zugreifen.

26.11.2004
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