Erdve - Savigaila

Review

Nach einem soliden ersten Album im Februar 2018, gehen die vier litauischen Musiker ERDVE diesen Sommer mit „Savigaila“ in die zweite Runde. So wie sich an der kollektiven Kooperation mit Season Of Mist zwischen den Veröffentlichungen nichts geändert hat, scheint laut Promo-Zettel auch die dargebotene Mischung aus Sludge, Hardcore und Black Metal weitestgehend beständig. Bleibt also trotz neuem Album alles beim Alten im Hause ERDVE?

ERDVE liefern einen schonungslosen Klumpen Hass…

Die ersten Sekunden auf „Savigaila“ kommen jedenfalls zunächst genauso unbarmherzig und bedingungslos knüppelnd daher, wie es schon beim Opener von „Vaitojimas“ der Fall war. Der Sound ist pechschwarz und spiegelt in seiner Mark und Bein durchdringenden Finsternis die in der Landessprache besungenen Themen wie Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Gewalt jedweder Art nur allzu gut wider. „Betonas“ stellt einen weiteren wütend prügelnden Hassbrocken und in seiner Schonungslosigkeit ein klares Highlight auf der jüngsten Veröffentlichung von ERDVE dar. Die stilistische Mischung erinnert dabei stark an die Dänen HEXIS, sowie die etwas bekannteren Vertreter des Subgenres CELESTE oder auch THIS GIFT IS A CURSE. Erste Abweichungen vom auf dem Vorgängerwerk eingeschlagenen Weg machen sich jedoch nicht in den derben und krachigen Passagen, sondern in den erstmals nachweisbaren stillen Zwischentönen bemerkbar.

Das auf die ersten beiden Tobsuchtsanfälle folgende „Votis“ bietet die erste Verschnaufpause. Zwar wird nach wie vor auf verzerrte Gitarren gesetzt, auf das bisweilen etwas zu monotone Gebrüll von Frontschreihals Vaidotas Darulis wird hier allerdings gänzlich verzichtet. Dies lässt der Saitenfraktion genug Raum, um mit repetitivem, entschleunigtem Riffing eine einnehmende, fast schon hypnotische Atmosphäre zu schaffen. Das besagte Konzept wird mit „Pleura“ noch ein Stück weiter getrieben, ERDVE reduzieren sich hier auf einen gänzlich synthetischen Klangteppich, welcher den mit „Bendryste“ folgenden nächsten Schlag in die Magengrube nur noch brutaler erscheinen lässt. Leider zeichnet sich bei besagtem Titel eine der Schwächen von „Savigaila“ ab, welche nicht nur dem Vorgänger bereits anhaftete, sondern fast schon symptomatisch für viele Vertreter der Mischung aus Sludge und Black Metal ist.

…und den Soundtrack zu Tobsucht und Nervenzusammenbruch

Ähnlich wie bei den zuvor benannten HEXIS, verlangen die teils sehr anstrengenden metallischen Passagen der Zuhörerschaft jede Menge Nerven und Geduld ab. Die Soundwand aus Chaos und Lärm wird durch die zwischenzeitlich angeschlagenen milderen Töne kaum aufgewogen und verschlingt zusätzlich jede Melodie, welche sich andernfalls womöglich länger als nur für einen Hördurchlauf in den Gehörgängen hätte festsetzen können.
Zusätzlich zu den bereits von „Vaitojimas“ gewohnten Schwierigkeiten, kommt bei dem Nachfolger hinzu, dass sich das Album durch den letzten Track nicht ganz rund anfühlt. Dieser wird von dem reinen Klavierstück „Skilimas“ eingeleitet, welches einen perfekten Abschluss für „Savigaila“ dargestellt hätte. So folgt leider ein etwas deplatziert anmutender Song, der zudem in seiner Intensität mit den Highlights des Albums nicht mithalten kann.

Sowohl die kritischen, als auch die stärkeren Aspekte ihres ersten Werks haben ERDVE nahezu unverändert auf „Savigaila“ übertragen, der Wille zur Weiterentwicklung ist nichtsdestotrotz zu erkennen. Das Quartett aus Vilnius liefert den idealen Soundtrack für den nächsten Nervenzusammenbruch oder Tobsuchtsanfall, zwischen diesen Extremen läuft die Musik von ERDVE allerdings Gefahr zu überfordern und eher Anstrengung als Genuss zu bieten.

24.07.2021
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