Evil Warriors - Fall from Reality

Review

Leipzig ist nicht nur eine äußerst schöne Stadt in Sachsen, sondern entwickelt sich langsam, aber stetig zum Zentrum des einheimischen Death- und Black-Metal-Untergrundes. So hat sich dort in den letzten Jahren eine lebhafte Szene unterschiedlichster Bands herauskristallisiert, die mit meist starken Releases auf sich aufmerksam machen konnte. Auch EVIL WARRIORS (mit Mitgliedern aus Bands wie ANTLERS und I I) sind Teil dieser Szene und veröffentlichen nun mit „Fall From Reality“ ihr zweites Album via War Anthem Records.

Auf den ersten Blick konventionell, auf den zweiten aber eine echte Überraschung

Ruft man sich den Bandnamen ins Gedächtnis (ich nehme an, man hat sich nach dem POSSESSED-Klassiker benannt) und schaut sich die Promofotos an, so rechnet der unwissende Hörer in erster Linie mit einer weiteren Band aus dem mittlerweile großen Fundus an Black/Death-Metal-Bands. Diesen Eindruck bestätigen zunächst auch die ersten drei Songs der Platte. Nach einem etwa zwei Minuten langen, stimmungsvollen Intro des Openers und gleichzeitigen Titeltracks wird ordentlich losgeprügelt. Das Schlagzeug gibt den Rhythmus vor und Sänger „Beast“ krächzt in herrlicher MAYHEM-Manier durch die gut sechs Minuten. Wirklich simpel und stumpf ist das jedoch zu keiner Zeit, so wie man anfangs vermuten hätte können. Dafür sorgt besonders „Alastor“ mit seinem gekonnten Gitarrenspiel.

Das folgende „Excess“ erfüllt dann die anfänglichen Vermutungen voll und ganz. Präzise und schnell knüppeln EVIL WARRIORS irgendwo in der Schnittmenge von Black und Death Metal. Durch das erneut starke Gitarrenspiel und den etwas langsameren Passagen zwischendurch erinnert das ganze teilweise an schwedische Kapellen wie MALIGN oder DISSECTION. Das folgende „Pillow Of Cold Water“ bleibt diesem Stil treu und gefällt durch seine Tempowechsel und dem spannenden Songaufbau.

Soweit so gut, doch mit dem anschließenden „Reincarnation“ wird die stärkste Phase der Platte eingeläutet. Die folgenden Songs werden noch eine Spur abwechslungsreicher und atmosphärischer. Dabei gelingt es der Band ihre Lieder stets eingängig zu halten, aber dennoch so viel Substanz durch das wahnsinnig gute Songwriting aufzubauen, dass sie mit jedem Hören wachsen. So wechselt man, wie bei „Idleness And Doom“, innerhalb weniger Minuten zwischen ruhigen Klängen, rasenden Black/Thrash-Salven und riffbetonten Midtempo-Passagen. Ein stimmungsvolles Auf und Ab ohne dabei gewollt, verkrampft oder unnötig progressiv zu werden.

Songwriting, Atmosphäre und spielerisches Vermögen – bei EVIL WARRIORS passt alles

Den drei Musikern merkt man an, dass sie nicht erst seit gestern musikalisch unterwegs sind. Besonders Schlagzeuger „Exesor“ muss hier lobend erwähnt werden, denn so ein präzise und dynamisch eingetrommeltes Album aus deutschen Landen habe ich seit der letzten VENENUM-Platte nicht mehr gehört. Generell sind die bayrischen Kollegen ein guter Vergleich. Man schafft es in ähnlicher Weise, die insgesamt acht Lieder äußerst spannend zu halten und so dem Album eine sehr dichte und intensive Atmosphäre zu verleihen. Allerdings agieren EVIL WARRIORS eine Spur räudiger als VENENUM auf ihrem „Trance of Death„-Meisterwerk und schaffen so einen gelungenen Spagat zwischen Oldschool und aktuellem, intelligenten Extrem-Metal.

Die Platte bleibt bis zum Ende hin enorm spannend und hochklassig. Das mit tollem Gitarrenspiel überzeugende „Worthless Wretch“ zeigt, dass den Sachsen auch der etwas melodischere Anzug passt. Auch der Rausschmeißer „All The Stars“ ist ein Highlight der Platte, da er abschließend alles bündelt, was das Album ausmacht: abwechslungsreiches, hochklassiges Songwriting, eine stimmungsvolle Atmosphäre und talentierte Musiker. So ist „Fall From Reality“ eine ganz starke Platte geworden. Die Langzeitwirkung wird am Ende zeigen, ob sie auch in einigen Wochen und Monaten noch so überzeugend ist. Aber das Potenzial ist da, um hier schon von einem frühen Jahreshighlight des Black und Death Metals zu sprechen. Auf Leipzig ist eben Verlass.

23.01.2018
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