Firtan - Okeanos

Review

FIRTAN sind eine Pagan/Black Metal-Band aus dem baden-württembergischen Lörrach eng an der Grenze zur Schweiz. Mir vorher vollkommen unbekannt, konnten die Herrn schon mit zwei EPs und ihrem Debüt „Niedergang“ im Untergrund auf sich aufmerksam machen.

 

Auf „Okeanos“ von FIRTAN wird Atmosphäre und Abwechslung groß geschrieben

Vorliegendes neues Album erinnert mich im Eröffnungssong „Seegang“ mit den geflüsterten Vocals, den Lyrics, den Wellensamples, ganz einfach der allgemeinen Stimmung schon beinahe an die Landsmänner von HELRUNAR auf ihrer Split-EP „Fragments – A Mythological Excavation“ (2013) mit „Wein für Polyphem“. Auch textlich streift man hier ebenfalls die griechische Mythologie, genauer die Ungeheuer Charybdis und Skylla, die auch in der Odyssee vorkommen. Dieser Verweis springt auch beim fantastischen Cover-Artwork  von Denis Forkas (u.a. BEHEMOTH, GRAVE MIASMA, WOLVES IN THE THRONE ROOM) ins Auge (das vielleicht angelehnt ist an das Gemälde Odysseus zwischen Skylla und Charybdis von Johann Heinrich Füssli? Ich sehe da durchaus Anlehnungen, kann aber auch Zufall sein).

Atmosphäre und Abwechslung wird nicht nur im Opener, sondern auch auf den folgenden Liedern  groß geschrieben. Neben schnellen und aggressiven Passagen laden ruhigere Zwischenspiele, oft mit Akustik-Gitarre, immer wieder zum Verschnaufen und Verarbeiten des Gehörten ein. Die Nachfolger „Tag verweil“ und „Nacht verweil“ ziehen das Tempo ein wenig an, warten gar an manchen Stellen sogar mit kurzen Frickel-Passagen und Tapping-Parts auf, die überraschen. Unterstützung durch Violine auf „Nacht verweil“ gibt es auch.

Trotz aller Abwechslung wird auch in diesen Songs Atmosphäre als Hauptaugenmerk hochgehalten. „Purpur“ ist ein kurzes Instrumental, ebenfalls wieder mit Violinen-Begleitung, welches das letzte Album-Drittel einleitet. „Uferlos“ beginnt ruhig und atmosphärisch, bevor es dann mit stampfenden Riffs vorwärts geht, zwischendrin wird es kurzzeitig wieder ruhiger und im hinteren Songdrittel kommt dann fast schon choralartige Gesänge im Hintergrund dazu (das erinnert dann schon beinahe an die eher „rituelleren“ Momente bei SCHAMMASCH). Rausschmeißer und längster Song „Siebente, letzte Einsamkeit“ fährt dann zum Schluss noch mal die gesamte Palette auf: atmosphärische Passagen, bedrohlich wirkende Samples im Hintergrund, Raserei.

 

„Okeanos“ ist solider Black Metal mit Pagan- und progressiven Einflüssen – FIRTAN sollte man sich merken!

Durch diese vielen verschiedenen Einflüsse ist es nicht ganz leicht, den Sound von FIRTAN adäquat zu beschreiben. Das Grundgerüst bleibt pagan-gefärbter Black Metal, melodisch, harsch, aggressiv wie bei den skandinavischen Vorbildern der 90er. In Passagen und kurzen Momenten erinnert der Sound aber auch durchaus mal an OPETH, SCHAMMASCH, AGALLOCH oder wie eingangs erwähnt HELRUNAR. Trotz aller Abwechslung sind die Songs relativ eingängig, aber offerieren trotzdem bei jedem neuen Durchgang eine neue Facette. Die Lyrics sind entweder direkt von Nietzsche genommen oder aber von griechischer Mythologie inspiriert, wie schon beschrieben.

Ich bin ganz froh, dass mal wieder ein wenig mehr deutscher Text im extremen Metal vorliegt, auch wenn da noch Potenzial nach oben ist, mit eigenen Texten womöglich. Da ich die vorigen Werke nicht kenne, kann ich keine Rückbetrachtung und Vergleiche vornehmen, hab aber gehört, dass sie auf dem neuesten sehr viel progressiver vorgehen sollen und die Pagan-Einflüsse zurück gefahren haben. Der Einsatz von Violine, ruhigen Passagen, elektronischen Samples und Choralen scheint das zu bestätigen. Dies ist kein „typischer“ Pagan/Black Metal im Fahrwasser von THYRFING, OBSCURITY oder ähnlichen Gesellen, hier wird sehr viel progressiver vorgegangen, ebenso ist die Produktion äußerst modern und transparent.

Dies ist aber nicht als Kritik zu werten, sondern ist vielleicht auch ganz einfach eine Geschmacksfrage. Einzige Kritikpunkte sind vielleicht noch ein wenig Songwriting-Feinschliff, denn auch wenn das alles in allem schon ganz gut sitzt, können die letzten Songs nicht ganz mit den ersten drei Songs mithalten. Trotzdem machen FIRTAN auf „Okeanos“ verdammt viel richtig.  Eine gute Neuentdeckung, die man auf dem Schirm behalten sollte.

04.07.2018
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