Frei.Wild - Hart Am Wind

Review

Tränen wurden vergossen und zunächst wollte es auch niemand wahrhaben, aber die BÖHSEN ONKELZ machten ernst und gaben im Mai 2004 ihre Auflösung bekannt. Kurz darauf erschien mit „Adios“ das Abschiedsalbum und im Sommer 2005 ließen es die Herren noch einmal so richtig krachen und feierten am EuroSpeedway Lausitz gemeinsam mit gut 100.000 Fans ihr 25-jähriges Bestehen und das endgültige Aus der Band. Tatsächlich hinterließen die ONKELZ eine große Leere in der deutschsprachigen Rockszene, die keine der vielen Möchtegern-Kopien geschafft hat auszufüllen, bis heute.

Obwohl die Südtiroler FREI.WILD bereits fünf Alben veröffentlicht haben und daher gar nicht mehr so unbekannt sein sollten, zumindest denjenigen, die sich im Deutschrock auskennen, starten die Jungs erst jetzt, mit dem aktuellen Album „Hart Am Wind“, so richtig durch. Dass das hervorragend gelingt, liegt nicht allein daran, dass es den ENKELZ, den KNEIPENTERRORISTEN und den ganzen anderen ONKELZ-Coverbands schlichtweg an Biss fehlt und mit eigenen Songs und teilweise extrem stumpfen Texten einfach nicht überzeugen können, sondern auch an der teilweise überhaupt nicht vorhandenen Atmosphäre. FREI.WILD gelingt es, sowohl gesanglich als auch anhand ehrlicher Lyrics dort anzuknüpfen, wo die Frankfurter ihre Karriere beendeten. So könnten die ONKELZ 2009 klingen:

Mit einem gewaltigen Arschtritt beginnt „Hart Am Wind“, denn der Opener („Arschtritt“) ist hart, melodiös und bietet neben extrem fetten Gitarrenlinien auch einen Mitgröhlpart, der sich sofort einprägt und zum Mitsingen animiert. Auch wenn sich das folgende „Weiter Immer Weiter“ anfangs in melancholischen Klängen verliert, die an „Panamericana“ von den ONKELZ erinnern, entpuppt sich der Track kurz darauf als wunderbare Durchhalteparole, die ehrlich und überzeugend ist, genauso wie der Song „Das Land Der Vollidioten“, in dem FREI.WILD ein klares Statement gegen Rechts und Links geben: Ein absoluter Kracher mit eigener Note! Der Chorus prägt sich einmal mehr auf Anhieb ein und eignet sich aufgrund seines Rhythmus hervorragend zum Pogen. Mein persönliches Highlight aber ist die an der allgemeinen Umweltpolitik und den Umweltsünden jedes Einzelnen kritikübende Hymne „Immer Höher Hinaus“. Und auch ruhige Töne stehen den Südtirolern: Holt schonmal die Feuerzeuge raus, denn „Stück Für Stück“ gelingt den Jungs genauso gut wie die härteren, tanzbaren Tracks.

FREI.WILD haben mit „Hart Am Wind“ ein extrem abwechslungsreiches, energisches Deutschrockalbum am Start, das vor allem Fans der BÖHSEN ONKELZ begeistern wird. Auch wenn man der Band vorwerfen will, auf der Welle von Deutschrockbands zu reiten, die nach dem Ende der ONKELZ nach deren Erfolg gieren, so muss man den Südtirolern allerdings zugestehen, sowohl technisch auf einem sehr hohem Niveau, aber auch musikalisch und textlich allen ähnlichen Bands voraus zu sein und darüberhinaus eine gewisse eigene Note mit einzubringen. Die Texte sind authentisch und aus dem Leben gegriffen, die Melodien sind einprägsam und live ganz bestimmt der Abräumer: Es ist wieder da, dieses faszinierende Gefühl, das man von den BÖHSEN ONKELZ kennt!

11.10.2009
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