Funeral Mist - Salvation

Review

Es gibt sie also doch noch: herausragende Veröffentlichungen im eher ausgelutschten Black Metal-Genre, die zwar nicht gleich auf Anhieb zünden, aber sich nach mehrmaligem Hören erschließen. Veröffentlichungen, die frei von Klischees leben, innovativ und eigenständig sind und für die man sich Zeit nehmen muss, um die Aggression, den Hass und die Wut vollends zu begreifen. Veröffentlichungen, die entgegen aller „Trueness“ mit einer professionellen, aber dennoch nicht aufpolierten, Produktion glänzen, und sowas von grim aus den Boxen knallen, dass man aufgrund der Geschwindigkeit fast an die Wand gepresst wird. Einer dieser Rohdiamanten ist das bereits 2003 erschienene „Salvation“ von FUNERAL MIST aus Schweden. Wieso kommt also erst fünf Jahre nach Release ein Review? Ganz einfach: dieses Album verdient es, besprochen zu werden und darf daher nicht unter den Teppich gekehrt werden. Doch ich möchte meine Meinung nicht vorweg nehmen. Zum besseren Verständnis füge ich erstmal eine kleine Bandbio ein, bevor ich auf die Essenz von „Salvation“ zurückgreife.

Nach Gründung der Band im Jahr 1993 und einigen Lineup-Wechseln sowie zwei Demos („Darkness“, „Havoc“) und der EP „Devilry“ von 1998, besteht FUNERAL MIST aus Arioch (Vocals, Gitarre, Bass), auch bekannt als Mortuus bei MARDUK, Nachash (Gitarre) und Necromorbus (Drums). Wer also nicht ganz uninformiert ist, weiß, dass Necromorbus über sein eigenes, gleichnamiges Studio verfügt, indem neben WATAIN, ZARATHUSTRA und OFERMOD auch diese Ausgeburt der Hölle produziert wurde.

Und wie ich anfangs schon erwähnte ist „Salvation“ ein Monster. Ein Monster an Ideen, Vielfalt und angenehmer Bösartigkeit, wie man sie im Black Metal heutzutage nur noch selten findet. Wenn ich auf jeden Song einzeln eingehen würde, würde diese Rezension kein Ende finden, denn es gibt bei einer Spielzeit von 66 Minuten viele Details zu entdecken. Brennende Riffs vereinen sich mit einem Donnerknall an einem Drumming zu besonderen Arrangements und abwechslungsreichen Killermomenten (z. B. bei „Perdition’s Light“). Und obwohl der Geschwindigkeitspegel generell sehr hoch ist, entfalten sich auch melodische und ruhigere Klänge. Düstere Atmosphäre wird durch diverse Filmsamples erzeugt (z. B. aus Das siebente Siegel oder dem Ende bei dem, ich muss es wieder sagen, genialen „In Manus Tuas“ aus quietschender Violine, dass wie aus einem Schwarzweiß-Film aus dem Deutschland der 20er entsprungen ist – wenn mir jemand sagen kann, woher das ist, wäre ich demjenigen sehr verbunden!) und leitet jeden Song auf eine passende und nicht nervende Weise ein bzw. aus. Das Songs, die nur aus einem Riff bestehen, wirken können, beweist z. B. „Circle Of Eyes“, der selbst bei einer Länge von knapp 13 Minuten keineswegs langweilig und monoton ist, denn mit dem Mönchschor im Hintergrund ist es wohl einer der herausragendsten Tracks auf dem Album. Ein wichtiger Aspekt bei FUNERAL MIST ist auch Arioch, der seine tiefen Stimmbänder abwechslungsreich aufs Teuflischste malträtiert und, ich wage es mal zu behaupten, über die einzigartigste Stimme im Black Metal-Genre verfügt. Durch seine kraftvolle und herrschende Art, die Texte herauszukeifen, hört man schon aufgrund dessen gebannt zu. Textlich wird kein plumper Satanismus gepriesen, sondern handeln in hervorragendem Englisch und Latein in intelligenter Weise von theologischen Themen. Auch das Layout verdient mehr als nur einen Blick, wie man schon an dem Cover erkennen kann. Hier trieft es nur so vor kranken Bildern und missgebildeten Babies, neben einem optimistisch dreinguckenden Sensenmann. ABER: es ist trotz allem kein Album für den schnellen Verzehr. Zu Beginn mag „Salvation“ sicher unstrukturiert und chaotisch wirken, doch wer auf diesen einzigartigen Stil steht, dem werden die Pforten zur Hölle nach einigen Hördurchgängen eröffnet.

Kurzum: es ist Black Metal, wie er sich im 21. Jahrhundert anzuhören hat. Ein Meisterwerk ohne Ausfall, dass man mit keiner anderen Band vergleichen kann. Wenn man sich bewusst macht, dass Arioch für das gesamte musikalische, wie auch mit einigen Ausnahmen für das lyrische Material verantwortlich ist, wünscht man sich eigentlich, dass er ein wenig kürzer mit MARDUK tritt, damit es hoffentlich bald wieder neues Material gibt. In diesem Sinne: ANATHEMA MARANATHA!

03.03.2008
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