Hardholz - Herzinfarkt

Review

Zeitreise gefällig? Dann mal schnell das neue Album von HARDHOLZ laden und ab geht die wilde Fahrt. Wer dann bei den ersten – und auch noch späteren – Takten spontan immer wieder an BIEST denken muss, und darüber hinaus auch noch mit beiden Bandnamen etwas anfangen kann, der braucht hier gar nicht weiterlesen – dem lege ich den Kauf des Albums “Herzinfarkt“ noch wärmer ans Herz, als der Choke einen Zweitaktmotor starten kann.

Wer bis hierhin nur bedingt etwas oder gar nur Bahnhof verstanden hat, dem sei mit etwas Geschichtsunterricht geholfen: HARDHOLZ ist eine aus dem thüringischen stammende Metalband, die vor über 30 Jahren ihren Anfang nahm und zusammen mit den Jüterbogern von BIEST zu den Größen der DDR-Metal-Szene gehörte. Beiden Bands war bisher vor allem eins: Sie überstanden die “Wende“ nicht. Die Hoffnungen auf einen Plattenvertrag wurden damals nicht mehr erfüllt und so gingen sie recht zügig ein –obwohl beide musikalisch echt was draufhatten. HARDHOLZ startet nun den Versuch, sich 25 Jahre nach der Wende doch noch in ganz Deutschland ein Publikum zu erspielen. Endlich ausgestattet mit einem Plattendeal packen Kelle, Ede, Franky und Der Hölzer alles in eine Waagschale und schmeißen mit “Herzinfarkt“ ein Album raus, mit dem dieser Versuch tatsächlich gelingen könnte.

Von der ersten Note an pfeffert “Herzinfarkt“ dem Hörer schönen Oldschool Heavy Metal, bestehend aus knackigen bis brachialen Riffs, klarem, schnörkellosen Gesang und schlichten aber durchaus mitreißenden Melodielinien um die Ohren. Im Laufe des Albums entführen HARDHOLZ den Zuhörer gekonnt in alte Zeiten – was in diesem Fall bedeutet, dass einem mal SUBWAY TO SALLY, mal KARAT oder bei dem wunderschön punkigen “Hartholz“ sogar SLIME als Referenz in den Kopf schießen. Dabei sind die einzelnen Titel und auch die Inhalte, die HARDHOLZ in ihren durchgehend deutschen Texten aufgreifen, so vielfältig, wie auch die Rock- und Metalmusik in der DDR gewesen ist. So findet man neben schnellen und gekonnten Gitarren-Soli (“Bonusdreck“) mit “Praeludium Wielandia“ sogar einen mittelaltermarkttauglichen Song, der so auch von IN EXTREMO stammen könnte. Abgerundet wird die erste Veröffentlichung seit 21 (!) Jahren von einer wunderbaren, weil nicht übertrieben, aufgerockten Version des Klassikers “Spiel mir das Lied vom Tod“.

Wer einen auditiven Ausflug in die DDR-Metalgeschichte machen möchte, ohne nach alten und zumeist schlechten Schwarzkopien zu suchen, dem sei “Herzinfarkt“ unbedingt empfohlen. Wer auf frühen Metal von METALLICA, die rockigen Phasen von URIAH HEEP oder die jungen MEGADETH steht, wird an diesem Album auch seine Freude haben. Und wer schon in seiner Jugend zu BIEST und HARDHOLZ abgegangen ist, muss wohl aufpassen, dass er oder sie beim Hören und Feiern von “Herzinfarkt“ selbigem nicht plötzlich erliegt.

19.02.2016
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