Hiraes - Dormant

Review

Zur Erinnerung: Nach dem wirklich guten „Procession Of Ghosts“-Album lösten sich DAWN OF DISEASE auf und fanden sich kurze Zeit später als HIRAES wieder zusammen. Der einzige Besetzungsunterschied war am Mikrofon, Britta Görtz, die vielen von CRIPPER oder CRITICAL MESS bekannt sein sollte, brüllt nun die Hörerschaft in Grund und Boden. Mit „Solitary“ wurde vor drei Jahren ein starkes Debütalbum veröffentlicht, nun wird mit „Dormant“ endlich nachgelegt.

HIRAES ruhen sich nicht auf alten Lorbeeren aus

Damit soll es mit der Geschichtsstunde aber genug sein, die Band aus dem Raum Hannover und Osnabrück hat in den vergangenen Jahren auch vielerorts bewiesen, dass sie es neben der Studioperformance auch live drauf hat. Und mit dem Release des Zweitwerks würde es jetzt sogar für die ersten amtlichen Headlinersets reichen.

„Dormant“ ist jedenfalls ein trügerischer Titel für das neue Album der Truppe, es geht nach einem kurzen Synthie-Intro direkt brachial los und „Through The Storm“ braucht keine dreißig Sekunden, um die Hörer am Plattenteller auf Betriebstemperatur zu bekommen. Die Instrumentalfraktion schafft eine elegante Balance zwischen brutalem Geholze und flirrenden Gitarrenmelodien, die nicht nur einmal nach Nordeuropa der Inspiration wegen schauen.

HIRAES ruhen sich aber nicht auf den Lorbeeren ihres Debüts aus, sondern diversifizieren ihren Sound im Vergleich dazu noch etwas. Dabei werden Altfans, auch die der Vorgängerband, nicht verschreckt, denn die neuen Elemente kommen in niedrigen Dosen. Auf „Undercurrent“ wird passend zur sehr melancholischen Stimmung des Songs Klargesang eingesetzt und insgesamt findet sich, wie bereits erwähnt, das ein oder andere elektronische Sample als Intro oder Outro auf dem ein oder anderen Song.

„Dormant“ ist keine Schlaftablette

Generell fällt „Dormant“ aber durch seinen geschickten Spannungsaufbau und seine gewitzten Songstrukturen auf, die einen bei der Stange halten und, man kann es nicht anders sagen, einem das ein oder andere Mal die Kinnlade auf den Schreibtisch fallen lassen. Mit „Come Alive“ bauen HIRAES ein Interlude in der Mitte des Albums ein, das als Intro für das folgende „Ocean Child“ dient und gleichzeitig eine Aggressivität aufstaut, die sich in den ersten Sekunden des Hauptsongs explosionsartig entlädt. Dazu spielt die Leadgitarre ein unbarmherziges Lick, das die ganze Stimmung drückend untermalt.

Die durchgehend hohe Qualität fällt bis zum Ende des Albums nicht ab. Mit „Red Soil“ versteckt sich kurz vorm Finale noch ein brutaler, beklemmender Anti-Kriegs-Song, auf welchem die Band von Spoken-Word-Passagen bis zu finsteren Blasts die komplette Bandbreite auffährt und dabei eine Atmosphäre erzeugt, die sich mit der von HEAVEN SHALL BURNs „Combat“ messen kann. Und auch der das Album abschließende Titelsong macht seinem Namen keine Ehre und schüttelt einen noch ein letztes Mal standesgemäß durch.

Der Qualitätssprung von „Solitary“ zu „Dormant“ ist gewaltig

Die erste Platte von HIRAES war schon ein Statement, über der höchstens noch ein bisschen der allgegenwärtige DAWN-OF-DISEASE-Schatten schwebte. Mit „Dormant“ legt die Band allerdings ein dickes Ausrufezeichen vor und veröffentlicht das erste Highlight des noch jungen Melodic-Death-Metal-Jahres. Da muss jetzt erst einmal jemand nachlegen, Chapeau!

19.01.2024

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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