Ibaraki - Rashomon

Review

Dass Matthew Heafy nicht still sitzen kann, ist nun wirklich bekannt. Mit TRIVIUM nahm er vergangenes Jahr das zehnte Album „In The Court Of The Dragon“ auf, das verdammt gut geworden ist, einen Haufen Twitch-Follower hat er in seinen Streams ebenso, und nun hat er sich keinen Geringeren als IHSAHN (EMPEROR und auch solo aktiv) geschnappt, um mit diesem zusammen sein Black-Metal-Debüt in Form von IBARAKI aus der Taufe zu heben.

IBARAKI – Trägt der TRIVIUM-Fronter nun Corpsepaint?

Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten, da kein Band- oder Künstlerfoto mitgeliefert wurde, Heafy lässt die Musik und die künstlerische Ästhetik in den vorab veröffentlichten Videos und Bildern für sich sprechen. Der Name des Projektes ist übrigens abgeleitet von einer Dämon-Legende aus dem feudalen Japan, zudem existieren noch eine namensgleiche Stadt und Präfektur.

Da Heafy schon lange Black-Metal-Fan im Allgemeinen und Fan von IHSAHNs Arbeit im Speziellen ist, war die Kollaboration eigentlich nur eine Frage der Zeit, und der mittlerweile ja zum Glück beendete Lockdown brachte diese benötigte Zeit dann zu Tage. Trotz der japanischen Songtitel wird Englisch gesungen, musikalisch ist die Marschrichtung tatsächlich melodischer, symphonischer Black Metal. Heafys Shouts agieren hier eine ganze Ecke fieser als bei seiner Hauptband, der cleane Gesang gleicht sich natürlich, wodurch TRIVIUM-Assoziationen nicht ausbleiben, zu markant ist die Gesangsstimme des in Japan geborenen Musikers.

„Rashomon“ ist dabei bei weitem kein eindimensionales Werk geworden. Die Stücke sind im Laufe von Heafys Karriere entstanden und dementsprechend vielfältig. So schlagen die ersten beiden Songs nach dem symphonisch-japanischen Intro in eine recht klassische Melodic-Black-Metal-Kerbe, der dritte Song „Jigoku Dayu“ erinnert mit seinem akustischen Beginn schon fast an OPETH, so zerbrechlich bietet Heafy seinen Gesang hier dar. Ebenfalls zu älteren OPETH passt dann der plötzliche musikalische Gewaltausbruch und das progressive Ende inklusive starker Synths.

Matthew Kiichi Heafys Definition von Black Metal

Anfang des Jahres wurde die erste Single, „Tamashii No Houkai“ veröffentlicht, die vermutlich jeden Hörer und jede Hörerin so weggeblasen hat wie meine Wenigkeit. Der Song hat auch bis heute nichts an Kraft eingebüßt und setzt mit seinen „nur“ knapp sechs Minuten (fast alle anderen Songs sind länger) ein dickes Ausrufezeichen. Auch, wenn dieses Stück wohl am ehesten noch leichte Core-Anleihen hat, was den Gesang angeht. Ganz kann er eben nicht aus seiner Haut, der Gute.

Spannend auch das Folgende „Akumu“, das mit Nergal von BEHEMOTH einen prominenten Gast hat, welcher treffsicher eingesetzt wird. Das Finale des Stückes reißt dann noch einmal alles ein. Einen Spagat zwischen Raserei und Zerbrechlichkeit schafft auch „Komorebi“. Getragene Streicher und klarer Gesang werden zum Kontrast von finsteren Screams und Blasts eingesetzt. Zwischendrin wird noch ein fettes Gitarrensolo eingestreut.

Das Herzstück und Highlight von „Rashomon“ ist definitiv das fast zehnminütige „Ronin“, in welchem sich Heafy Verstärkung von Gerard Way geholt hat. Der MY-CHEMICAL-ROMANCE-Sänger und „The Umbrella Academy“-Autor hat für den Song alle Screams übernommen. Ja, richtig gelesen, der Sänger einer Emo-Kapelle schreit in diesem Song so manchen anderen Screamer an die Wand. Der progressive Mittelteil und Heafys ohnehin makelloser Klargesang machen das Stück zu einem kleinen Meisterwerk.

„Rashomon“ – Hoffentlich kein Einzelwerk

Wenn man sieht, wie viel Matthew Heafy mit seinen Hauptbroterwerben zu tun hat, bleibt nur zu hoffen, dass IBARAKI nicht eine einmalige Angelegenheit bleiben werden, dafür hat „Rashomon“ einfach zu viele Schichten und ist ein zu starkes Debüt eines sehr talentierten Musikers.

30.04.2022

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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