Illdisposed - Grey Sky Over Black Town

Review

Wer im Zusammenhang mit einem neuen ILLDISOSED-Album den Begriff „Überraschung“ bislang als einen unüberwindbaren Widerspruch gesehen hat, muss jetzt umdenken: „Grey Sky Over Black Town“, das mittlerweile 13. Studioalbum der Dänen, ist sogar eine dicke Überraschung geworden – sowohl stilistisch als auch qualitativ.

Hatte man bei den letzten Alben stets den Eindruck, dass ein wenig zu sehr Arbeit nach Vorschrift vorherrscht und bei den Riffs mehr Stangenware als maßgeschneiderter Stoff zum Einsatz kommt, dauert es auf dem neuen Longplayer nicht lange, um den Hörer davon zu überzeugen, dass es auch anders geht: Der Opener „Again“ startet zwar im ILLDISPOSED-typischen Melo-Death-Style, zieht dann aber das Tempo an und fährt in den Riffs echte Dramatik auf. Nett ist auch das Zwischenspiel mit melodiösen Gitarrenpatterns. Was hier schon auffällt, ist, dass „Grey Sky Over Black Town“ immer mal wieder im Black Metal wildert, sowohl rifftechnisch als auch in Sachen Geschwindigkeit – wofür der neue Schlagzeuger Rasmus Schmidt verantwortlich sein dürfte, welcher der Band neben seinen Blastbeats sogar so etwas wie Virtuosität beschert.

Natürlich stehen aber nach wie vor dumpf grollende Death-Metal-Grooves im Vordergrund, und Frontmann Bo Summer schaltet immer wieder seinen Subwoofer-Gesang ein. Ebenfalls nicht geändert hat sich die wenig schöne Grundstimmung, die sich ja seit jeher durch ILLDISPOSEDs Texte zieht – nur sind „Dark“ und „Misery“ diesmal nicht bloß Worthülsen, sondern in einer Intensität durch die Musik erfühlbar, die der Band in der Vergangenheit manchmal zu häufig abgegangen ist. Und so gesehen passt das Frontcover zum Album wie der Drogenabhängige in den kalten Entzug: Die Schlinge um den Hals und ein letzter Blick auf eine dir fremd gewordene Stadt, während sich das Blickfeld immer weiter verfinstert.

Die Musik auf „Grey Sky Over Black Town“ drückt Dramatik, Verzweiflung und inneres Elend, aber auch immer mal wieder aufkeimende Hoffnung und Schönheit aus, und das in einer Dosis, wie man sie von den Dänen schon lange nicht mehr erlebt hat. Und da das Album zudem weitgehend auf Längen verzichtet, steht einer uneingeschränkten Empfehlung nichts im Wege – bestes ILLDISPOSED-Album seit langem!

26.05.2016

- Dreaming in Red -

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