Imperial Age - New World

Review

Die russische Symphonic-Metal-Band IMPERIAL AGE darf wohl mit Fug und Recht als eines der Ziehkinder des einflussreichen THERION-Masterminds Christofer Johnsson bezeichnet werden. Dieser leistete nicht nur Geburtshilfe, sondern zeigte sich auch hellauf begeistert von deren Coverversion des THERION-Klassikers „To Mega Therion“, die 2015 erschien.

Zwischenzeitlich haben sich IMPERIAL AGE zu einem der erfolgreichsten russischen Metal-Exporte gemausert, was nicht zuletzt auf das beeindruckende Album „The Legacy Of Atlantis“ (2018) zurückzuführen ist.

IMPERIAL AGE melden sich aus dem politischen Exil

Die 2012 in Moskau gegründete Band versteht sich selbst als völkerverbindendes musikalisches Projekt. Umso schwieriger muss es gewesen sein, den russisch-ukrainischen Konflikt einzuordnen und zu bewerten. Letztlich entschied sich die sechsköpfige Band, ihren Sitz in die Türkei zu verlegen, womit auch personelle Veränderungen (neuer Gitarrist, neuer Drummer) einhergingen.

Aus dem politischen Exil heraus legt die Band nun ihr drittes Studiowerk vor. Dessen Titel „New World“ ist sicher kein Zufall; vielmehr scheint die Band schon eine Vorahnung gehabt zu haben, welch unruhige Zeiten bevorstehen. Die im Vorfeld veröffentlichten drei Singles passen jedenfalls nahtlos in das Albumkonzept um Freiheit und dem Drang nach Frieden und Verständigung.

Den Anfang machte die Midtempo-Hymne „The Way Is The Aim“, gefolgt von dem eingängigen und flotten „Legend Of The Free“. Beide Songs bieten das, was IMPERIAL AGE seit Jahren auszeichnet: melodisch-bombastischer Symphonic Metal, der von mehreren harmonierenden Stimmen (Tenor, Mezzosopran, Sopran) punktgenau vorgetragen wird. Im Juli erschien der Anti-Kriegs-Song „The Wheel“, der ein deutliches Statement der Band zum Krieg in der Ukraine darstellen sollte.

Schwachpunkte sind nicht wirklich zu erkennen

„Windborn“ ist als Opener des Albums eher unspektakulär, auch wenn der instrumentale Mittelteil durchaus zu überzeugen weiß. „To The Edge Of The Known“ tut sich da schon etwas leichter, was die Songstruktur und die Gesangsparts betrifft. Mit „Shackles Of Gold“ gelingt ein Ausflug in folkloristische Gefilde, während „Distant Shores“ balladeske Züge aufweist. Auch hier geht der Chorus ohne Umwege ins Ohr; faszinierender sind nur noch die frechen Gesangsduelle (männlich/weiblich), die richtig Spaß machen.

Den Abschluss bildet das 18-minütige Epos „Call Of The Towers“, das kompositorisch anspruchsvollste Stück der Scheibe. In der ersten Hälfte überzeugt Alexander Osipovs majestätischer Gesang, auch danach bleibt es spannend, wobei ein wirklicher Höhepunkt fehlt. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, mehrere einzelne Songs daraus zu schneidern, anstatt sich hier ’nen Wolf zu komponieren.

Ein starkes Album mit einer unmissverständlichen Botschaft

„Krieg ist scheiße!“ So könnte die lapidare Botschaft lauten, die dem vorliegenden Werk zu entnehmen ist. Um an dieser Stelle aber nicht missverstanden zu werden: Hier geht es nicht um ein gute-Laune-Machwerk nach dem Motto: „Krieg ist doof, wir sollten uns alle liebhaben.“ Nein, so einfach ist es nicht, und das weiß die Band auch. Die Texte sind schon vergleichsweise tiefgründig und regen zum Nachdenken an.

Auch musikalisch gibt´s hier nicht viel zu meckern: Neben dem üblichen Bombast, den IMPERIAL AGE seit Jahren bietet, überzeugen besonders die drei Stimmen der Band: Alexander Osipov (Tenor) sowie Jane „Corn“ Odintsova (Mezzosopran) und Anna „KiaRa“ Moiseeva (Sopran). Das Zusammenspiel der Gesangsabteilung ist schon beeindruckend.

Die Produktion könnte ein wenig druckvoller ausfallen, doch unter den Umständen des Zustandekommens des Albums sollte man hier keinen Stein werfen. Songwriting und –strukturen sind auf dem für die Band gewöhnlichen Level anzusiedeln, auch wenn „New World“ nicht ganz an den Vorgänger „The Legacy Of Atlantis“ heranreicht. Doch diese Messlatte liegt ohnehin sehr hoch.

31.08.2022

Redakteur | Schwerpunkte: Classic Metal, Female Fronted Metal, Hard Rock

Exit mobile version