Issfenn - Mordwand

Review

Nordwände gelten unter Alpinisten aufgrund ihrer Lage – die naturgemäß eine gesteigerte Vereisung bedingt – als besonders anspruchsvoll und gefährlich. Eine der berühmtesten, die Eiger Nordwand, hat bisher bereits über siebzig Leben gekostet sich so einen zweifelhaften Beinamen verdient: „Mordwand“. Wie alle furchteinflößenden Phänomene taugt sie aber auch zur Inspiration. Und inspirieren lassen haben sich in diesem Fall zwei Jungs aus Kanada. ISSFENN veröffentlichen mit „Mordwand“ eine Black-Metal-Ode an den Bergsteigertod.

„Mordwand“ kleidet den weißen Tod in Schwarz

Mit Tracks wie „White Death“ oder „Within Its Throat of Ice” trägt das Duo aus Montreal dem Konzept dann auch Rechnung, wobei sich an anderer Stelle dann auch wieder die klassische Schwarzkittel-Lyrik über Leiden, Tod und Teufel durchsetzt. Musikalisch wird der Hörer zu Beginn in Versuchung geführt, ein vorschnelles Urteil zu fällen. Der Opener „White Death“ klingt nach alten IMMORTAL-Platten – nicht zuletzt weil Chefvokalist Xost ein ganz ähnliches Klangbild zusammenbellt wie damals Berufsgenosse Olve Eikemo, besser bekannt als ABBATH.

Doch ganz so einfach greifbar wie gedacht sind ISSFENN nicht. Während „Saturn Return“ weiterhin in die klassische Second-Wave-Kerbe schlägt und wenig Überraschung bietet, so wartet das folgende „Within Its Throat of Ice“ mit sehr variablem Arrangement aus gekonnten Rhythmus- und Tempowechseln auf und bringt daher gewissermaßen frischen Wind in den bis dahin eher gelangweilten Gehörgang. Weiter geht es mit dem zu Beginn äußerst groovigen „Down in the Abyss, Roar the Satanic“, das stellenweise schon fast als punkig durchgeht. Die Nummer provoziert beschwingtes Kopfnicken und bedient im Verlauf bald die komplette Bandbreite an Black-Metal-Tempi. Groovig geht es dann auch weiter mit dem rockigen „The Feast“ bevor das nachdenkliche „Freefall in a Wishing Well“ den Fuß vom Gas nimmt.

ISSFENN zeigen sich abwechslungsreich

So ist „Mordwand“ am Ende mehr als die ersten Klänge andeuten. Obwohl sicher auch stringenter Second-Wave-Sound auch heute noch seine Berechtigung hat, ist die Entfaltung der kreativen Bandbreite im Verlauf des Albums doch erfrischend. Die variable Interpretation des Genres wird dagegen kontrastiert vom dumpfen, geradezu räudigen Sound, der aber sicherlich kein Zufall ist. Auffallend ist außerdem die treibende und prominente – man möchte fast sagen überproduzierte – Snare.

Insgesamt liefern ISSFENN ein ordentliches Album, das in einigen Aspekten sicherlich noch diskutabel ist. Die Varibilität ist im Vergleich zum eher drögen selbstbetitelten Vorgänger lobenswert und wird hoffentlich auf eventuellen kommenden Werken konsequent weiterverfolgt. Momentan spielen die Jungs noch mit den Elementen und wirken damit etwas unausgegoren.

 

 

18.07.2019
Exit mobile version