Kypck - Nizhe

Review

Offensichtlich hat bis jetzt kaum jemand bemerkt, dass KYPCK ihr mittlerweile zweites Album veröffentlicht haben. Dabei ist „Nizhe“ gar kein so schwerer Brocken wie man vielleicht vorschnell urteilen möchte. Im Gegenteil sogar. „Nizhe“ klingt längst nicht mehr so rau und schwerfällig wie „Cherno“, aber nach SENTENCED klingen die russisch singenden Finnen noch immer nicht. Und das ist auch gut so, obwohl hier und da einige Melodien durchaus an die Verflossenen erinnern. Der Grund dafür ist natürlich der ehemalige Hauptsongwriter und Gitarrist von SENTENCED, Sami Lopakka. Im Großen und Ganzen aber haben KYPCK ihre ganz eigene Nische gefunden, und verbinden finnische Schwermütigkeit ohne die von SENTENCED bekannte Selbst(mord)ironie und schwarzem Humor mit russischer Ensthaftigkeit und verbitterter Hoffnungslosigkeit, ohne dabei das Schöne im Verborgenen aus den Augen zu verlieren – man begutachte das Front Cover Artwork, ein Foto, das der russische Fotograf Aleksei Repkin in den Abwasserkanälen tief unter der Erde von Moskau aufnahm – und ohne einem Mangel an großartigen Melodien.

So ist „Posle“ tatsächlich ein schwermütiger aber auch eingängiger Song, der in gewisser Weise eher an TYPE O NEGATIVE erinnert, als an SENTENCED, und zu dem man in selbstzerstörerischem Selbstmitleid versinken darf bis die Tränen fließen, während KYPCK mit ihrer vorab als Video-Single-Veröffentlichung „Alleya Stalina“ einen wunderbaren Doom-Hit gelandet haben, den man einfach nicht mehr aus dem Gedächtnis bekommt. Aber auch das mit eigenartiger Atmosphäre ausgestatte „Razryv“ lässt erschauern, während draußen leise der radioaktive Niederschlag auf die zerstörte Umwelt hinunterprasselt, oder der langsame Rausschmeißer „Vals Smerti“, der schöner den nahenden Tod nicht vertonen kann, sind echte Highlights, die jedem ans Herz gelegt seien, der sich für an die Nerven gehenden Doom mit ganz selten eingestreuten Gothic-Elementen erwärmen kann.

KYPCK haben sich im Vergleich mit ihrem Debüt ordentlich gesteigert. Empfand ich auf „Cherno“ insbesondere den letzten Song („Demon“) als außerordentliche Wohltat, so haben KYPCK diesmal gleich einige solcher Nummern auf „Nizhe“ untergebracht und laden zum Träumen und zum Suhlen in Selbstmitleid ein, bis am nächsten Tag nach Alkohol und Tränen die leicht durch die abgedunkelten Fenster treffenden Sonnenstrahlen in den Augen schmerzen und du weißt, dass ein weiterer Tag und Ungewissheit vor dir liegt, die du am Abend erneut mit KYPCK besiegeln kannst.

06.04.2011
Exit mobile version