Les Discrets - Prédateurs

Review

Viel zu lange haben uns LES DISCRETS auf die Folter gespannt. Fünf Jahre nach „Ariettes Oubliées“ veröffentlichen die Franzosen endlich ein neues Studioalbum in Form von „Prédateurs“. In den Monaten zuvor hatten Fursy Teyssier und Audrey Hadorn die zwei Singles „Virée Nocturne“ und „Rue Octavio Mey“ auf Vinyl und elektronisch rausgebracht. Diese deuteten bereits eine gewisse Veränderung an, zumal LES DISCRETS bereits vorab bekannt gaben, dass die Black-Metal-Vergangenheit eine abgeschlossene Episode sei.

Ein Schritt weiter

LES DISCRETS waren schon immer anders. Die Lyoner durchbrachen immer wieder viel zu enge Genregrenzen, experimentierten, forderten den Hörer. „Prédateurs“ geht nochmals einen Schritt weiter. Dabei sind die Wurzeln Shoegaze, Post Rock und Post Black Metal weiter vernehmbar. Angereichert werden die eleganten, melancholischen Klanglandschaften um Elemente des Trip-Hop, Downtempo, Electronic Chill-Out, Filmsoundtracks sowie Dream-Pop. LES DISCRETS erschaffen cineastisch anmutende Klangbilder und klingen auf dem düsteren „Prédateurs“ kühler und moderner als bisher. Dies liegt insbesondere am vermehrten Einsatz von Elektronischem, wenngleich die besondere Atmosphäre geblieben ist.

Raubtier Mensch

Thematisch befassen sich LES DISCRETS auf „Prédateurs“ mit der Zeit, der Natur und dem Leben selbst. Es geht um die Vergänglichkeit des Lebens und der Natur, um die Ignoranz des Raubtiers Mensch. Wie wir die Erde ruinieren, obwohl wir es besser wissen, wie Dinge für immer verschwinden. Bedrückend, real, urban. Insbesondere wird dies im erstmals überhaupt englischen Stück „Vanishing Beauties“ deutlich, in welchem LES DISCRETS zum Schluss kommen, dass der zerstörerische Mensch die einzig nutzlose Spezies des Planeten ist. In dieser musikalischen Verabschiedung mit ihren melancholischen Melodien und emotionalem Gesang kann man Parallelen zu PINK FLOYDs „Goodbye Cruel World“ ziehen.

Stilistische Besonderheiten

Die bedrohliche, bedrückende Stimmung ist auf „Prédateurs“ allgegenwärtig. Musikalisch setzen LES DISCRETS teils auf neue Stilmittel. Da wäre das teils extrem verhallte Schlagzeug, die sehr sanften Clean-Gitarren, die elektronischen Klänge, die Trip-Hop-Beats. Das finstere „Virée Nocture“ glänzt mit einem PORTISHEAD-Zitat zu Anfang. Einige Parts der luftigeren, deutlich ruhigeren Kompositionen erinnern immer wieder an ARCHIVE oder ALCEST zu „Shelter“-Zeiten. Waren es auf „Ariettes Oubliées“ noch die prägnanten Lead-Gitarren, welche mit eingängigen Melodien den Hörer sogleich in die Welt von LES DISCRETS eintauchen ließen, ist „Prédateurs“ komplexer und benötigt mehrere intensive Durchläufe, um Höhepunkte auszumachen. Es ist diffuser, geheimnisvoller, sanfter, stiller. Die Entwicklung ist interessant und fordernd.

Fazit

LES DISCRETS haben mit „Prédateurs“ eine musikalische Neuausrichtung vorgenommen, die sicherlich nicht jedem Anhänger der vorherigen Werke der Franzosen gefallen wird. Wer elektronischen Stilmitteln offen steht und der Musik Zeit zur Entfaltung gibt, wird aber den charmanten, gefühlvollen Songs sicherlich viel abgewinnen können.

30.05.2017

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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