Lifthrasireon - Age Of Lifthrasir

Review

Leute, am liebsten würde ich Euch das einzige echte Schriftstück im Beileger zu dieser selbstproduzierten Demo-CD komplett abschreiben, aber das würde den Review-Rahmen sprengen. Ein so großspurig und hochtrabend wirkendes Info zum Konzept einer Band habe ich seit undenklicher Zeit nicht, wenn überhaupt jemals gelesen (was auch daran liegen mag, dass die meisten Bands gar keines mehr haben…). Aber es ist saumäßig sympathisch und vor allem ist es edel, wenn auch bedauerlicherweise fast so undurchsetzbar wie edel. „Lifthrasireon beschwört die Morgendämmerung eines neuen Äons. Dieses Äon ist die Geburtsstunde des homo superior. […] Lifthrasireon ist revolutionärer Traditionalismus. […] Lifthrasireon ist mondialistischer Regionalismus.“
Wer es lieber etwas weniger fachsprachlich hat: LIFTHRASIREON beschwört den Weltgeist, die kulturellen Wurzeln jedes Europäers, die Überwindung des Alten, die Geburt einer weltumspannenden Kultur, etwas Neues und Richtungsweisendes. Falls mir jemand mit dummen Sprüchen Marke „ey boah das is voll der Nazi ey!“ kommen will – vergesst es. Ein Blick auf die Songtitel alleine macht klar, dass Discordius, alleiniger Protagonist hinter LIFTHRASIREON (und Gitarrist von CHRONICLE OF TYRANTS) diesen faustischen Geist den er beschwört auch selbst lebt, und dass das Bestreben seiner Musik rein kulturelle Interessen hat: die Songtitel sind deutsch, lateinisch, niederdeutsch und aztekisch (!) und damit echt weltumspannend.
Was aber bedeutet das alles musikalisch? Da halten sich die Weltmusikeinflüsse (glücklicherweise?) in Grenzen. Die Exposition „Das Äon des Lifthrasir“ ist ein kurzes, aber sehr intensives und wunderschönes Akustikgitarrenstück, das (gelungen) Stimmung machen und in das Konzept einführen soll. Der folgende Track, „Ictus Dolorosus“, ist das wohl Schönste, was ich im melodischen Black Metal seit mindestens einem Jahr gehört habe: ein rührender Akustikgitarrenbeginn, Pizzicato-Streicher, sehr durchdringende, druckvolle Ohrwurm-Gitarren, wuchtiger Drumcomputer. Dem Kenner fällt relativ schnell die Nähe zu Größen wie FALKENBACH (Songstrukturen), MITHOTYN (Gitarrenharmonien) und EINHERJER (die Rhythmik von „Dragons of the North“) ins Ohr, deren Einflüsse Discordius auch nicht abstreitet. Das ist so sympathisch wie die gekonnte Art und Weise, wie hier zweistimmige Gitarren, einfache aber prägende Melodielinien und emotionaler Kreischgesang unter einen Hut gebracht werden. Das Stück ist trotz seiner 9 Minuten sehr kurzweilig und hängt mir seit Tagen in den Ohren. Ein größeres Kompliment kann ein Lied nicht bekommen.
„Des Swartkleden“ (für die nicht Plattdeutsch-Kundigen: „Die Schwarzgekleideten“, oder peoetischer: „Die Schwarzgewandeten“) knüpft fast nahtlos an diesen Track an. Die weiteren Stücke „Hyperborean Heritage“, „Morgendämmerung“ und „Tetzauhtototl Cihuatlampa“ (!, das, soweit ich durch „Gerüchte“ mitbekommen habe, von der Gründung des Aztekenvolkes durch Überlebende der Atlantis-Katastrophe handeln soll?!), fallen insgesamt eher in den Up-Tempo-Bereich des Black Metal, behalten aber ihre melodische, manchmal hymnische Prägung aus der Richtung von MITHOTYN, auch wenn hier und da durch die abnorme Geschwindigkeit des Drumcomputers vielleicht BORKNAGAR oder sogar LIMBONIC ART durchschimmern.
Als weitere Stilmittel neben der Akustikgitarre setzt Discordius sehr selten sein Keyboard, dafür öfter mal ein paar selbstgesungene Chöre ein. Letztere sind teils reichlich schief, aber charmant. Wer Musik fühlt und nicht hört, der weiß was ich damit meine.
Sogar wenn man die kleinen Unstimmigkeiten wie den künstlich klingenden, dafür astrein programmierten Drumcomputer, die noch etwas nach Homestudio-Technik klingenden Gitarren oder eben die unsauberen Chorstellen als echtes Manko an dieser ersten Veröffentlichung sieht (was ich nicht tue): „Age of Lifthrasir“ ist ein fesselndes Demo eines Projektes, das musikalisches und spielerisches Können und einen unheimlich hörbaren Sound mit einer frischen Ideologie verbindet. Nichts Abgegriffenes, dafür Traditionelles und Bewährtes kombiniert mit dem Willen, neue Einflüsse in Texte und Musik einzubringen. Die CD könnt Ihr für 5,- Euro, und da kann man nun wirklich GAR nichts mehr falsch machen, unter obiger Adresse bestellen. Für diese reife Leistung gibt’s von mir satte

14.12.2004
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