Lord Dying - Mysterium Tremendum

Review

LORD DYING suchten das Leben und fanden den Tod. Aber wo möchte man da überhaupt die Grenze ziehen? Und wann war Nomen jemals mal mehr Omen?

LORD DYING sind dem Sludge entwachsen

Die Sludge-Band aus Portland, Oregon hat laut eigener Aussage mit „Mysterium Tremendum“ ein Konzeptalbum über Tod und Jenseits geschrieben, obwohl es eigentlich um das Diesseits gehen sollte. Man kann im Nachhinein darüber rätseln, an welchem Punkt das Konzept endgültig kippte – deutlich hörbar aber liegt „Mysterium Tremendum“ eine explorative Reise zugrunde.

Den „fetten, groovigen, fiesen Sludge-Metal mit gequältem Gesang“ haben LORD DYING nämlich im Jahre 2019 weitestgehend hinter sich gelassen – zumindest steht er keineswegs mehr im Zentrum des Gebotenen. Diesbezüglich ist der starke Opener „Envy The End“ mit seiner Delay-getränkten Riffgewalt eine Nebelkerze. Schon das meditative „Tearing At The Fabric Of Consciousness“ bereitet den Weg in die progressiven, ja psychedelischen Gefilde, in denen sich das Album fortan bewegt und bei „Nearing The End Of The Curling Worm“ wähnt man sich schon bald nach dem heftigen Intro in einem MASTODON-Song.

„The End Of Experience“ scheut im Anschluss sogar vor countriesken Picking-Läufen und träumerischen Vocals nicht zurück. Man sieht die befreite Seele ihre Kreise in Richtung einer unbekannten Nachwelt ziehen: „On and on is all we ever knew.“ In diesem Zustand erscheint plötzlich alles möglich. Auch Post-Black-Geknüppel im Stile von DEAFHAVEN („Exploring Inward“).

Das Nachsinnen über den Tod gerät zur Achterbahnfahrt

Mit „Mysterium Tremendum“ lassen LORD DYING den Herdenschutz der Mit-Portländer RED FANG und Bands wie HIGH ON FIRE hinter sich und schlagen neue Pfade abseits gewohnter, geschätzter und risikoarmer Sludge-Brachen ein. Die verkopften Titel mit einer Tendenz zur Überlänge sind geblieben, ansonsten aber lässt die musikalische Nahtod-Erfahrung keinen Stein im Soundbild auf dem anderen.

LORD DYING 2019, das ist progressiver Melodeath („Severed Forever“) angereichert mit Elementen aus Sludge und Post Metal und kontrastiert mit folkigen Intermezzi, die selbst die Dunkelheit zwischenzeitlich bannen („Even The Darkness Went Away“). Das Nachsinnen über den Tod und die menschliche Existenz gerät zu einer Achterbahnfahrt, die so manche handwerkliche Unsicherheit beispielsweise in Gesangsfragen  einfach im Ideenreichtum ertränkt. Am Ende ist auch der schwerste und schwärzeste aller Vorhänge zu und alle Fragen offen.

26.04.2019
Exit mobile version