Mare Infinitum - Cryosleep

Review

Mit ihrem dritten Album „Cryosleep“ schaffen MARE INFINITUM den nächsten Schritt: Nach zwei bereits stilübergreifenden Platten weitet die Band ihr stilistisches Territorium aus und bietet fünf cineastischen Tracks zum Besten. Als reinen Death Doom Metal konnte man in der Vergangenheit nicht sprechen und genauso wenig lässt sich das aktuelle Album schubladengetreu weg sortieren.

„Cryosleep“ – cineastischer Opern-Doom

Betrachtet man Bandgeschichte und Diskographie gibt es genau erkennbare Fixpunkte in der Musik, die diese klar im melodischen Death Doom verankert, jedoch niemals in diesen Schranken verweilt. Im direkten Vergleich zum 2015er Release „Alien Monolith God“ gehen MARE INFINITUM mit „Cryosleep“ noch einen Schritt weiter und heben ihren kompletten musikalischen Ansatz aufs nächste Level.

Bereits der Opener „Your Final Bow“ überrascht mit visionärer Weitsicht und musikalischer Opulenz, um dann auf dem darauf folgenden „The Flight Of No Return“ noch weiter Richtung cineastischem, monumentalem Opern-Doom mit Frauengesang zu driften. Wer glaubt, dass eine solche Darbietung im Zusammenhang mit dieser Art von Musik zu sehr nach Hollywood schreit und überzogen wirkt, wird eines Besseren belehrt: natürlich wirken die Songs allesamt erhaben, stürmisch und bildgewaltig, verlieren aber niemals die Basis zum Grundstein des Doom Metal, aus dem die Band entspringt und kehrt immer wieder an diese zurück.

So beweist sich ein erdrückender Track wie „Event Horizon“ als direkter Mittelpunkt der Platte als Manifestation dessen, was MARE INFINITUM anno 2022 ausmacht: hypnotische Doom Klänge gepaart mit bildhaften, keyboardschweren Melodiepassagen. Der Wechselgesang von klassischem Klargesang in Kombination mit sehr tiefen, für die Spielart beliebten, gutturalen Vocals, funktioniert hervorragend und bricht die monumentale Stimmung durch Bösartigkeit und Tiefe auf. Genau so sorgt man dafür, dass die Gesamtdarbietung niemals ins Kitschige abdriftet.

Der anschließende Titeltrack „Cryosleep“, der sich inhaltlich mit Ritualen der Maya-Kultur befasst, in denen Kinder lebendig in Eiseskälte begraben werden, klingt dann wieder etwas tragischer und vor allem der bittersüße Leadpart zum Ende des Songs sorgt für echte Gänsehaut, ehe die Band mit dem allerletzten Song noch einmal endgültig die Extreme auslotet und auf „Celestial Escapist“ mit gewagter key-schwerer Melodieführung und fast poppigem Frauengesang eher zum flotten Tänzchen einlädt, als zur doomigen Totenwache.

MARE INFINITUM – Doom ohne Grenzen

„Cryosleep“ ist in seiner Vielschichtigkeit ein Album, das nicht sofort funktioniert und Hörerinnen und Hörer auffordert, sich mit der Musik treiben zu lassen. Erwartungen und stilistische Grenzen dürfen hier nicht weiter von Interesse sein, halten sie Hörerinnen und Hörer doch nur vom uneingeschränkten Konsumgenuss des Albums ab. Wer keine Genregrenzen benötigt und sich auf einen bunten Trip einlassen möchte, der kommt hier mit MARE INFINITUM gänzlich auf seine Kosten.

24.01.2023

- perfection is the end of everything -

Exit mobile version