Misanthropia - Soul Cancer

Review

Wollen MISANTHROPIA nun traditionell klingen oder modern? Sie scheinen es selbst nicht zu wissen. Aber im Grunde ist das auch vollkommen egal, denn gerade der Verzicht auf jegliche Form der kreativen Selbstbeschränkung liefert oftmals die spannendsten muskalischen Resultate. Und so profitiert auch „Soul Cancer“ von einem Sound, der verdächtig nach typischem 80er-Jahre-Metal klingt, dabei aber modern produziert ist und selbst vor dezenten Industrial-Anleihen nicht halt macht. Die etwas altmodische Akustik-Gitarren-Ballade „Horizons“ verkommt dagegen als Abschlusssong fast schon zu einem Bonus-Track.

Die Basis bildet vollkommen kitsch- und klischeefreier Power-Metal mit einem herausragenden Gespür für Melodien und ansprechende Gitarren-Soli. Von Eunuchen-Gesang will man im Hause MISANTHROPIA jedoch nichts wissen. Frontmann Volker Pusch singt angenehm tief und sorgt mit eingestreuten Gutturallauten und harschen Shouts für Abwechslung. Vergleichen lässt er sich dabei am ehesten mit RAGE-Charakterkopf Peavy: Beide zählen objektiv betrachtet nicht zu den stärksten Sängern und sind nicht mit einer brillianten Stimme gesegnet, machen dies dafür mit einer Extra-Portion Charisma wieder wett.

Die Songs sind sauber komponiert und arrangiert und werden von drei fähigen Musikern (zum Zeitpunkt der Aufnahmen bediente Neuzugang Ronald Stiefel noch nicht die zweite Gitarre) gut umgesetzt. Durch Ausflüge in Melodic-Death- („Bleed“) oder Modern-Metal/Crossover-Gefilde („Rebirth“) bleibt die Musik spannend. Dabei wirken die Songs insgesamt ziemlich roh und ungeschliffen, was auch durch die basische, aber nie unangenehm tönende Produktion unterstrichen wird. Für ein in Eigenverantwortung produziertes Debütalbum geht „Soul Cancer“ absolut in Ordnung und sollte der Aalener Combo in einer gerechten Welt eine Menge Türen öffnen.

24.02.2010
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