Moor - Heavy Heart

Review

Katharsis durch Schmerz. Laut den Hamburger Doomern MOOR fast eine Plattitüde, ein Klischee, das aber in den letzten Jahren und mit dem aktuellen Release „Heavy Heart“ harte Realität geworden ist. Innerhalb von zwei Wochen erhielten Gitarrist Ben Laging und Bassist Christian Smukal eine niederschmetternde Krebsdiagnose, wobei Letzterer diesen Kampf im Jahr 2022 verloren hat. Eine herausfordernde Zeit, in welcher Zusammenschlüsse ins Wanken geraten, gar zerbrechen können. Für MOOR war dies keine Option, schon alleine, weil es Smukals Herzenswunsch war und schließlich mit dem angesprochenen Debüt ein Monument bleibt, das an einen Freund und Wegbegleiter erinnert.

Katharsis durch Schmerz

Auch aus musikalischer Sicht ist es nach „Heavy Heart“ sicherlich ein Gewinn, dass das Hamburger Quintett nun mit Neubassist Ralph Ulrich und Drummerin Elinor Lüdde weitermacht und somit auch zukünftig mit schweren Tönen aus dem Norden zu rechnen ist. Ercüment Kasalar ist einer der vielen ehemaligen Vocalisten, die auch auf „FluXion“ und „Aeolian“ von THE OCEAN mitgewirkt haben und von diesem Projekt scheint auch der eine oder andere Impuls in MOOR übergegangen zu sein. Aus dieser Warte betrachtet agieren die Hamburger keineswegs traditionell, denn viel mehr auf eine besondere Weise experimentell, dabei aber abstrakt und schwerfällig.

Dass hier mit Kasalar, Laging und David Kaiser gleich drei Gitarristen am Werk waren, ist auf „Heavy Heart“ unverkennbar. Nicht weil hier etwa virtuoseste Griffbrettspielereien zu hören wären, sondern viel mehr, weil die Kombination aus feinen, subtil ausgewählten Melodien und einer mächtigen Wall Of Sound einfach ihre Wirkung erzielt und der Musik das Potential gibt, neue Sphären zu öffnen. Durch die nüchterne Produktion aus der Tonmeisterei Oldenburg bleibt dieser wuchtige Aufbau dennoch stets herrlich geerdet.

„Heavy Heart“ verfügt über den Stachel von NEUROSIS

So tauchen MOOR auf ihrem ersten Album immer wieder in hypnotisch repetitive Elemente ein und kosten diese bis zur emotionalen Schmerzgrenze aus. „Heavy Heart“ offenbart in seinem gesamten Auftreten nur wenig Licht und zeigt sich als voluminöser, zäher Brocken aus Doom, Sludge und auch einigen Post-Bausteinen. Dennoch steuert der Fünfer zielstrebig auf das Albumhighlight zum Schluss „Breath Like Nails“ zu. Hier sprühen schließlich die Funken vor Intensität.

Wer ein wenig den Dunst von Bands wie THE OCEAN oder NEUROSIS im Doom-Sektor spüren möchte, dem sei das Debüt dieser Hamburger in jedem Fall ans Herz gelegt. Düster, schwer, hoffnungslos, aber wohl auch gerade aus diesem Grund voller schmerzhafter Schönheit. Klischee hin oder her, „Heavy Heart“ kann durchaus eine Katharsis sein.

10.05.2023
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