My Inner Burning - Eleven Scars

Review

Gothic Metal ist ein Genre, das bei mir überproportional stark unter Verrissen zu leiden hat. Das liegt nicht daran, dass sich unter der Oberfläche in mir ein verkappter Thrasher verbirgt, sondern weil wohl keine Schublade wie diese so unter den eigenen Restriktionen zu leiden hat. War es in den 90ern noch revolutionär, brachiale Härte mit stimmiger Melodik dynamisch zu einem düsteren Ganzen zu mischen, wirken Songs des Genres heute oft altbacken und vorhersehbar. Dann muss auf jede riffige Strophe ein epischer Refrain folgen, die obligatorische Sängerin braucht einen männlichen Assistenz-Grunzer, und das Tempo bleibt im gediegenen Mittelbereich – außer natürlich bei den Balladen. MY INNER BURNING treten in genau diese Fettnäpfchen, können sich aber bei Haupt-Songwriter und Gitarrist Torsten Sauerbrey bedanken, dass „Eleven Scars“ dennoch ein echt starkes Album geworden ist.

Und das darf man sich weniger so vorstellen, als ob er einen bestimmten Stil prägen würde, der unverkennbar MY INNER BURNING repräsentiert, sondern eher, dass er einfach Ahnung vom Komponieren hat. Was in diesem Album fetzen soll fetzt, was riffen soll rifft, und was sich in Epik ergießen will, tut genau das. Darüber hinaus haben die Nummern einen dynamischen roten Faden und mitunter auch mal das eine oder andere Element, das man so jetzt nicht erwartet hätte, wie etwa der Double-Bass-Einsatz im flotten „New Breed“. Und um die Sache noch besser zu machen, gibt es in der ersten und letzten Nummer dann doch noch den Hauch von Innovation: „Masquerade“ aufgrund einer mächtigen, rhythmusbrechenden Progressivität in den Strophen, und „Home Sick“, weil es eine gelungene Halbballade im Dreivierteltakt ist. Ist zwar nicht komplett neu, hört man aber viel zu selten.

Das klingt zwar alles eher unspektakulär, doch sorgen auch die vielen „traditionelleren“ Nummern für eine Dichte an Ohrwurm- und Luftgitarrepassagen, wie „Analyse“ oder „Demons“, dass man die komplette Spielzeit begeistert dabei bleibt. Was auch deswegen beachtlich ist, als dass „Eleven Scars“ dem auch schon hochgelobten, selbstbetitelten Debütalbum in nur zwei Jahren gefolgt ist. Dennoch ist das Album eher deswegen so stark, weil kein einziges Songelement auf der ganzen Platte mit weniger als „großartig“ bezeichnet werden kann, anstatt, dass es frische, neue Akzente setzen könnte. Welche ich der Band und Sauerbrey aber definitiv zutraue. Deswegen: Etwas mehr Revolution auf dem Nachfolger bitte!

05.04.2011
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