Nervosa - Jailbreak

Review

NERVOSA sind mittlerweile Prika Amaral plus Mitmusikerinnen, das wird immer offensichtlicher. Vor zweieinhalb Jahren erschien „Perpetual Chaos“ und von dem damals schon stark erneuerten Line-Up ist wieder keine mehr übrig außer Amaral selber. Diese hat sich nach dem Abgang von Sängerin Diva Satanica selbst ans Mikrofon gestellt für den neuen Longplayer, die Instrumentalfraktion besteht jetzt aus Helena Kotina, Hel Pyre und Michaela Naydenova. Und die Musik? Schauen wir mal.

NERVOSA – Neue Mitglieder, altbekanntes Genre

Der Thrash Metal auf „Jailbreak“ ist natürlich weiter das Grundgerüst des Genres. Prika Amarals extrem druckvolle und aggressive Shouts lassen einen verwundert fragen, warum die Frontfrau nicht schon immer den Job als ebendiese eingenommen hat. Irgendwo zwischen einem diabolischen Röhren und fiesem Keifen weiß sie in den dreizehn Songs definitiv zu überzeugen.

Der Vorgänger gefiel unserer Thrash-Koryphäe Dominik Rothe nicht besonders, die sterile Produktion und die fehlende Weiterentwicklung machte es für ihn zu einem Durchschnittsalbum, das keine besonderene Höhepunkte bot. Auf „Jailbreak“ agieren NERVOSA in Sachen Tempo jedenfalls flexibler. Das bedeutet natürlich nicht, dass sie verlernt haben, den Fuß aufs Gaspedal zu drücken, aber schon die ersten beiden Songs des Albums überzeugen mit ordentlich Groove und geschickt platzierten Rhytmusparts, welche sich flott ins Gehirn fräsen.

Wer sich aber lieber die Rübe entspannt absägen lassen möchte, für den hat die Band auch noch genug Nackenbrecher wie „Ungrateful“ oder den Titeltrack im Gepäck. Jene werden mit Sicherheit die Pits in den Clubs schneller füllen als man „Besetzungswechsel“ buchstabieren kann.

Es folgt ein munteres Aus-dem-Gefängnis-Prügeln

Eine endlose Diskussion ist ja nach wie vor, ob Innovation, Neuerfindungen oder gar radikale Stilwechsel nun im Verlauf einer Bandkarriere dazugehören müssen oder nicht. Klar, den Vorwurf der Wiederholung müssen sich Bands, die seit 50 Jahren den gleichen Stiefel spielen (Hallo, AC/DC!) mit Sicherheit stellen, aber NERVOSA als recht junge Band mit erklärtem Genre-Ziel sollte man nicht vorschnell verurteilen.

Der Ersteindruck bleibt auch im weiteren Verlauf des Albums bestehen, es finden sich immer wieder Songs, die einen mehrfach aufhorchen lassen. Da wäre „Behind The Wall“ mit seinem mächtigen Stampfer-Part und herrlich dissonanten Solo als Beispiel zu nennen. Das langsame, getragene „Superstition Failed“ wartet mit einer hohen Gesangsvarianz und fiesen Twin Leads auf. Und am Ende macht „Nail The Coffin“ dann noch amtlich den Deckel zu.

Hoffentlich bleibt die Besetzung von „Jailbreak“ konstant

Mit „Jailbreak“ haben NERVOSA ein starkes Album abgeliefert, möglicherweise sogar ihr Stärkstes. Abwechslungsreiche Songs treffen auf Aggression, eine glasklare, aber nicht totgemixte Produktion und eine starke Instrumentalfraktion sowie Gesangsleistung. So kann es gerne weitergehen, hoffen wir mal, dass sich bis zum nächsten Album nicht wieder die komplette Mannschaft – pardon, Frauschaft – verabschiedet.

22.09.2023

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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