Neurosis - Given To The Rising

Review

NEUROSIS, vom eher Hardcore-lastigen Act und dem Debüt „Pain Of Mind“ (1988) hin zu einer absolut ernst zu nehmenden Institution in Sachen Psycho-Musik.

Nach der fabelhaften Kooperation mit der Ex-SWANS-Sängerin JARBOE („Neurosis & Jarboe“, 2003) durfte man auf den weiteren Werdegang der Band äußerst gespannt sein, denn nie zuvor gingen sie so vielseitig und aufgeschlossen zu Werke. Bereits mit dem Folgealbum „The Eye Of Every Storm“ (2004) zeigte sich die Band von einer weitaus offeneren Seite, die zwar alles andere als leicht zugänglich war, der Band aber trotzdem etliche neue Fans bescherte. Plötzlich war die Musik NEUROSIS‘ nicht mehr nur für aufgeschlossene Metaller, psychisch kranke Musikfanatiker und Hardcore-Selbstmörder interessant, sondern auch für Psychedelic- und Post Rocker sowie anderen schrägen Typen, die auf einem ewigen Trip leben.

„Given To The Rising“ heißt ihr neues Meisterwerk und vereint all das zu einem homogenen Ganzen, wofür NEUROSIS in den letzten zehn Jahren standen. Eindringliche, (im positiven Sinne) ausladende Musik mit enorm viel Tiefgang, Melancholie und Schmerz, aber auch einem Funken schwacher Hoffnung, den man im Sog des Abgrunds verspürt, wenn man zum letzten Male die untergehende Sonne am Abendhimmel erblickt. Kränkliche Zerbrechlichkeit wird von bebender Wut und aufbäumender Energie abgelöst, nur um wieder in sich zusammen zu fallen und einer erneuten Welle aus aufgeladenen Emotionen Platz zu machen. NEUROSIS transportieren alle erdenklichen negativen Gefühle und lassen das Positive lediglich marginal erscheinen, um den stark emotional geladenen Momenten in ihrer Musik mehr Kraft und Ausdruck zu verleihen. Der Hörer wird geistig gefordert und innerlich ausgesaugt. Ihm wird alles Erdenkliche an musikalischem Verständnis abverlangt und er muss beweisen, dass er den teilweise schwer verdaulichen Ausgeburten dieser einmaligen Band gewachsen ist.

„Given To The Rising“ beginnt mit vier überlangen Stücken, die alle jenseits der Sieben-, bzw. Acht-Minuten-Grenze liegen. Mit oftmals von resignierter Hoffnungslosigkeit belasteten Melodien und schweren, schleppenden Parts wird man auf das Album eingestimmt und erlebt ebenfalls die ersten musikalischen Wutanfälle und von Verzweiflung geprägten Ausbrüche. Danach gibt es ein wenig beklemmende Ruhe, die jedoch nicht lange anhält. Mit den weiteren vier Kompositionen ist der Hörer einer immer weiter hinabführenden Wendeltreppe aus musikalischer Tiefe hilflos ausgeliefert und treibt nach einer kurzen, Industrial-artigen, mit einer Sprechstimme unterlegten Klangcollage, wie in einem elegischen Rausch auf das Finale des Albums zu, das in einem letzten, zwölfminütigen Monument endet.

Nur wenn man bereit ist, sich auf diesen intensiven Trip in psychedelische, schwermütige und brachiale Töne, Klänge und Melodien einzulassen, wird „Given To The Rising“ seinen vollkommenen Sinn und Zweck erfüllen. Nur wenn man bereit ist, sich dem Schmerz und der Macht dieser kunstvollen Musik auszusetzen, wird man Zugang zu ihr finden. Die für jeden Hörer finale Frage ist somit letztendlich eigentlich nur: Bist auch du bereit dazu?

09.07.2007
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