North Sea Echoes - Really Good Terrible Things

Review

Wenn sich zwei Gallionsfiguren des US-Prog, hier Jim Matheos und Ray Alder, zusammen tun, könnte man eventuell etwas in Richtung Prog erwarten. Andererseits hatte Matheos mit FATES WARNING-Ur-Sänger John Arch den prototypischen US-Prog Metal ja schon mal glorreich wieder aufleben lassen. Wäre also doppelt gemoppelt, oder? In diese Richtung geht „Really Good Terrible Things“, das Debüt des Alder/Matheos-Projektes NORTH SEA ECHOES, also schon mal nicht. Was wir hier kriegen ist etwas anderes. Der Sound von „Really Good Terrible Things“ klingt deutlich zurückhaltender, ein bisschen in Richtung der esoterischeren New Age-Momente von Devin Townsend mit einigen Einflüssen von MARILLION hier und LUNATIC SOUL da versehen. Sprich: Pop/Rock mit ausgeprägtem Sinn für Melancholie und gelegentlichem Hang zu elektronischer Instrumentierung steht hier auf dem Programm.

Alder/Matheos = NORTH SEA ECHOES

Prinzipiell sind Alder/Matheos hier auf der gedämpften Seite des Spektrums unterwegs. Geprägt sind die Songs durch den Verzicht auf große Gitarrenwände, die nur mal selten wirklich prägnant in den Vordergrund treten wie in „Empty“, das wohl als deutliche OSI-Referenz verstanden werden darf. Ansonsten stehen aber ätherisch-luftige Gitarren, perlende Beats und natürlich Alders Stimme im Mittelpunkt des Geschehens. Dass das produktionstechnisch erste Sahne ist, versteht sich vermutlich als Ehrensache bei den Herren. Mehr als die Hälfte der Songs ist dabei jedoch absolut vernachlässigbar, denn wenn Alder/Matheos nicht gerade etwas offensiver zu Werke gehen oder doch mal gelungen die Atmosphäre für sich sprechen lassen, produzieren sie Schlaflieder. Wie sonst kann man ein Zuckerwatten-Söngelchen wie „We Move Around The Sun“ oder den Rausschmeißer „No Maps“ erklären?

Alder bleibt natürlich ein verlässlicher Sänger, selbst auf den drögeren Cuts der Platte. Die zuvor erwähnten MARILLION sind eine ganz nette Referenz, die in den Hook-orientierten Stücken der Marke „Throwing Stones“ durchaus mal etwas deutlicher hervor kommen. Alders Stimme veredelt hier eine der etwas poppigeren Hooks der Platte, die dadurch auch prägnant hervorsticht, wenn auch weniger mit dem Soul eines „Kayleigh“ und mehr unterkühlt und unaufgeregt. In „Emtpy“ und „The Mission“ wird es mal etwas intensiver, aber auch nur, weil Matheos hier mal ausnahmsweise auf den Verzerrer gelatscht zu sein scheint. Während „Empty“ wie erwähnt gewisse OSI-Vibes ausstrahlt, klingt „The Mission“ auch nur wie Radio-Rock, der mal etwas härter aufspielen darf, aber bloß nicht zu viel, sodass es Corporate-freundlich bleibt.

Leider ist „Really Good Terrible Things“ ein Klang gewordenes Anästhetikum geworden

Bei der Instrumentierung und den Arrangements gibt es im Grunde wenig zu meckern, was man bei Matheos ja auch voraussetzen kann. Aber was ist das wert angesichts eines Albums, das so uninteressant vor sich hinplätschert, dass man es wahrhaftig als Klang gewordenes Schlafmittel benutzen kann? Durch den Fokus auf Poppigkeit hat das Ganze zudem auch nicht sonderlich viel Tiefe. Wer sich mit Musik des Prädikats „nett“ zufrieden gibt, ist hier bestens aufgehoben, keine Frage. „Really Good Terrible Things“ bleibt aber meilenweit hinter den Möglichkeiten der beiden Protagonisten. Die NORTH SEA ECHOES haben mit „Really Good Terrible Things“ ein vollkommen harmloses Pop-Album mit wenigen Lichtblicken und viel zu viel Zuckerwatte veröffentlicht, das man besser unauffällig an sich vorbeiziehen lässt.

17.02.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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