Nuclear Power Trio - Wet Ass Plutonium

Review

Ach ja, was waren wir im vergangenen Jahrzehnt noch naiv. Da gehörte es irgendwie noch zum guten Ton des Internets, sich über Wladimir Putin und Kim Jong-Un lustig zu machen und mit einer Mischung aus Entsetzen und Schadenfreude mit anzusehen, wie ein orangenhäutiges Riesenbaby die Vereinigten Staaten verunstaltet hat. In diese naive Zeit hinein geboren wurde auch das 2017 gegründete NUCLEAR POWER TRIO, eventuell eine fleischgewordene Parodie auf den nunmehr – Stand Juli 2023 – ausgeschiedenen, 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten und seine verdächtig guten Beziehungen zu Russland und Nordkorea. Mittlerweile wissen wir, dass dieser „Humor“ in mehrerlei Hinsicht schlecht gealtert ist – dennoch haben sich die maskierten Herren nicht im Rahmen jüngerer Ereignisse wenigstens ihres Bassisten Vlad entledigt. Aber in den Staaten scheint man dann doch etwas zu weit vom Geschehen in Europa entfernt zu sein.

Das NUCLEAR POWER TRIO lädt zu einer ausgelassenen Instrumental-Gaudi ein

Nun, dass es hier eventuell satirisch zugeht, wird spätestens bei Durchsicht des Waschzettels zu „Wet Ass Plutonium“, namentlich die Verballhornung eines gewissen Hip Hop-Songs von 2020, deutlich, dessen Autor einen Riesenspaß beim Schreiben gehabt haben muss. Aber bei Instrumental Rock respektive Metal geht es ohnehin seltenst um inhaltliche Konzepte, die sind meist eh nur Lippenbekenntnisse. Daher rühren auch sämtliche wortspielschwangere Songtitel, ebenfalls etwas, was im Instrumental-Sektor zum guten Ton gehört, zumindest bei Bands, welche die Griffel weniger in der eigenen Hose und mehr an den Instrumenten behalten. Heißt: Beim NUCLEAR POWER TRIO wird natürlich gefrickelt, was das Zeug hält. Aber die drei Staatsmänner, hinter denen übrigens Greg Burgess als Donnie (Gitarre, u. a. ALLEGAEON), Nick Schendezielos als Vlad (Bass, u. a. HAVOK) und Pete Webber als Supreme Drummer Kim (ebenfalls HAVOK) stecken, feiern so eine instrumentale Riesengaudi, dass man aus dem Lächeln und Mitwippen kaum rauskommt.

Aber wie beschreibt man das, was man auf dem Full-Length-Debüt „Wet Ass Plutonium“ zu hören bekommt? Es ist nicht wirklich alles hier Prog, auch wenn es durchaus Anklänge von krummen Takten im eröffnenden Titeltrack gibt – müsste ein 7/4-Takt sein – sowie ein paar immer wieder mal auftauchende, Djent-artige Downtuning-Riffs, die gefühlt so auf Knöchelhöhe gestimmt sind. Auch klassische Anspielungen gibt es, z. B. bei „Red Scare Bear Stare“. Vermutlich fährt man mit einer Bezeichnung á la Technical Melodic Metal am besten, da sich das Trio samt Gastmusikern durch eine ganze Reihe von Stilen und Einflüssen durchwurschtelt. Bleiben wir doch mal beim eröffnenden Titeltrack: Was wie etwas aus dem Bereich Progressive Metal klingend beginnt, entwickelt sich in einen kraftvollen, energetischen Power-Metal-Stampfer, der seinen Hörern spätestens mit der druckvollen Hook die müden Socken von den Füßen rockt.

„Wet Ass Plutonium“ besticht als hedonistisches, leicht zugängliches Frickelfest

Hier macht sich auch der reichhaltige Einsatz von Synths erstmalig bemerkbar, die auf „W.A.P.“ im Allgemeinen eine große Rolle spielen, auch etwas was man sich angesichts des auf Miami Vice getrimmten Covers vermutlich schon ungehört hätte denken können. Man höre nur mal diese eisgekühlten Synths in „Air Force Fun“, die einfach nur elegant herunter perlen. Mit den „Orchestrations“ wird im Promosheet Jesse Zuretti (u. a. DÅÅTH) kreditiert, ob er auch die Synths eingespielt hat, geht daraus aber nicht hervor. Diese sind in jedem Falle erste Sahne und verbreiten genau die richtige Menge an Cocktail-schwangerem Cheese, den ein solches Projekt nötig hat. Dazu gesellen sich immer wieder andere Instrumente (auch aus der digitalen Konserve?) wie die frechen Bläser in „Nyetflix And Chill“ oder das sexy Saxofon in „Anti-Saxxers (Mandatory Saxination)“.

Apropos „Anti-Saxxers“: Unsereins freut sich als passionierter Bassist vor allem über den ausgesprochen präsent gemixten Tieftöner, aus dem Schendzielos aber auch ein paar knackige Töne rauskitzelt, dass einem schon mal das Stank Face ins Gesicht geschrieben steht. Der Funk ist stark mit Vlad und tritt auch in der passend betitelten „Critical Bass Theory“, dem schweinisch rockenden „Apocalypse Mao“ oder in den fast Porno-artigen Grooves von „Snark Side Of The Un“ prominent in Erscheinung. Dazu liefert Burgess nebst Gastsolisten wie Chris Broderick (MEGADETH) oder Benjamin Ellis (SCAR SYMMETRY) eine euphorisch jubilierende Einlage nach der anderen, die einfach nur pure Spielfreude atmet, dabei den Ton dank eines Spritzers Melancholie durchaus auch mal in gänsehauterregende Territorien lenkt.

Das NUCLEAR POWER TRIO stiftet zwar keinen Weltfrieden, aber dafür jede Menge Spaß in der Buxe

Wenn „Wet Ass Plutonium“ schon keinen Weltfrieden stiftet, so stiftet es doch zumindest Frohsinn durch seine leicht zugängliche, hochmelodische und doch instrumental technische, angenehm frickelige Art. Rein musikalisch hat nichts von alledem in irgendeiner gehörten Weise irgendwelche politischen Untertöne, weshalb die Maskerade vermutlich einfach nur ein Relikt aus der Gründungszeit des Projektes ist. Wer Schwierigkeiten hat, sich ein instrumentales Metal-Album mit Spaß-Faktor vorzustellen, sollte hier reinhören. Und wer was für großartige Instrumentalleistungen übrig hat, ist hier ohnehin goldrichtig. Kleine Fältchen wie leichte Repetitionen hier und da werden im Handumdrehen mit dem puren Charisma und der puren Spielfreude hinter „W.A.P.“ wieder glatt gebügelt. Wird der „Joke“ für ein weiteres Album reichen? Wer weiß? Bis dahin liefert das NUCLEAR POWER TRIO einen Soundtrack voller hedonistischer Metal-Tracks, zu denen man einfach ausgelassen mit den Gliedmaßen schlackern kann.

31.07.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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