Ömheten - Själv

Review

Die besten Dinge geschehen meist unerwartet. Das gilt für das Privatleben ebenso wie für das Dasein als Musikrezensent. Einer Band wie ÖMHETEN, die sich selbst als Depressive/Suicidal Black Metal bezeichnet, obendrein sogar das Kürzel DSBM nutzt, hätte ich nämlich kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Erfahrungsgemäß gehören Bands, die sich selbst in diese Schublade stecken, entweder der Kategorie „U20-Kinderzimmer-Myspace-Borderline-Generation“ an, oder es handelt sich um pure Satire. Im Falle des ÖMHETEN-Debütalbums „Själv“ gewinnt man allerdings den Eindruck, als würden es Fredrik Norrmann (u.a. ehemals bei KATATONIA und OCTOBER TIDE aktiv) und Co darum gehen, einer Musikrichtung, die meist aus vertonter Monotonie besteht (Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel), einen qualitativ hochwertigen Denkzettel zu verpassen.

ÖMHETEN sind nämlich absolut Genrekonform, wirken aber gegenüber Szenekollegen schlicht dynamischer – ja musikalisch gar überlegen. Mit den limitierten Mitteln, die sich innerhalb des Depressive/Suicidal Black Metals etabliert haben, gelingt es dem schwedischen Quartett, Gefühle auszudrücken, die damit einhergehende Verschlossenheit zu verkörpern und den Hörer trotzdem einzufangen. Ein Kunststück, das schon von den Landsleuten SHINING bekannt ist, die ähnlich vielfältig zu Werke gehen und Grenzen ausreizen.

Allerdings ist „Själv“ deutlich kantiger als das, was Niklas Kvarforth heutzutage (auf sehr hohem Niveau, ohne Frage) abliefert. Die Produktion ist trocken, der Bass grummelt bedrohlich und das Schlagzeug gibt meist einen überraschend flotten, aber zeitweise auch treibenden Rhythmus vor. Limitation auf ein Riff kommt ebenso wenig vor, wie insgesamt durchgehend gleichbleibende Songs.

ÖMHETEN sind dafür musikalisch einfach zu begabt. Schon der Piano-Part als Ruhepol und dem Spannungsaufbau dienliches Element im Opener „Det Som Släcker Mig“ zeugt von einem glücklichen Händchen für den richtigen Moment. Weitere Überraschungsmomente bleiben auf „Själv“ nicht aus – der beinahe lockere Zwischenpart mit dominanter Bass-Einlage in „Evig Semester Fran Mig Själv“ zum Beispiel, peppt den ohnehin schon starken Albumabschluss ein ganzes Stück auf.

Wie sich ÖMHETEN in Zukunft entwickeln werden oder ob dies eine einmalige Zusammenkunft ist, kann ich an dieser Stelle nicht absehen, Fakt bleibt aber, die Schweden liefern mit „Själv“ ein Album ab, welches Nachschlag mehr als wünschenswert macht. Vor allem da KATATONIA schon seit Jahren andere Wege einschlagen und der letzte OCTOBER TIDE-Output ebenfalls keine Glanztat darstellte, ist ÖMHETEN ein überraschend „positives“ Hörererlebnis.

29.07.2014

Chefredakteur

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