Pallbearer - Heartless

Review

Wir haben März des Jahres 2017, der Frühling drängt langsam den Winter zurück, die ersten Blüten kommen hervor – höchste Zeit also, sich schon mal ernsthaft mit den Jahresbestenlisten 2017 zu befassen. Einen Namen sollten alle, die sich eine solche Aufstellung zurechtlegen wollen, bereits jetzt dick aufschreiben: PALLBEARER mit „Heartless“. Drei Jahre nach „Foundations Of Burden“ sind einige Erwartungen mit dem Nachfolger dieses Doom-Meisterwerks verknüpft. Mittlerweile hat sich das Quartett aus Little Rock, Arkansas, ja auch durchaus einen Namen erspielt: Eigene Headlinerauftritte, eine Kurator-Einladung von BARONESS‘ John Baizley zum Roadburn 2017, die Aufmerksamkeit von Nuclear Blast Records.

„Heartless“ erfüllt spielerisch jede Erwatungshaltung

Und als wäre es die leichteste Übung der Welt, reichen die sieben Titel von „Heartless“ an diese Erwartungshaltung heran, ja übertrifft diese auch noch: PALLBEARER erschaffen ein Album wie aus einem Guss, voller Abwechslung und überraschender Ideen. Der Sound und Stil des Zweitwerks „Foundations Of Burden“ wird auf „Heartless“ deutlich weitergetrieben, das gesamte Werk bekommt eine gehörig progressivere Note spendiert. Damit setzen PALLBEARER ihre konstante Entwicklung fort: Der Fortschritt, der sich bereits vom eher klassisch-doomig angelegten Debüt „Sorrow And Extinction“ zu „Foundations Of Burden“ abgezeichnet hat, wird konsequent weitergesponnen. Und wo der Vorgänger eher direkt und wuchtig zu Werke ging, nimmt sich „Heartless“ zurück und lässt eher die leisen Töne sprechen.

Dichte, mehrstimmige Vocals im Opener „I Saw The End“ sind dabei nur das erste Symptom dieser neuen Ausrichtung, deutlicher wird das Ganze beim folgenden „Thorns“: Ganz unverhohlen schimmert hier schwedische Düster-Melancholie im Stile von KATATONIA durch. Und spätestens an diesem Punkt des Albums stellt man das erste Mal fest:  So richtig Metal ist das eigentlich gar nicht mehr was PALLBEARER da abliefern. Oder zumindest nicht der Doom-Metal, den man eigentlich aufgrund der bisherigen Alben erwarten konnte. Denn ähnlich wie OPETH es mit ihrem 2001er-Werk „Blackwater Park“ getan haben und ihren neuen, „gar-nicht-mehr-so-Metal“-Weg beschritten, so gehen auch PALLBEARER mutig in Richtung eines vollständig eigenen Stils, der bunt gemischt ist und gekonnt kombiniert. Klingt irgendwie wie die neue Frühjahrsmode im OTTO-Katalog, ist aber so.

PALLBEARER – Band (2017)

Repräsentatives Beispiel gefällig? „Dancing In Madness“, vierter Titel des Albums, nimmt verträumte Melodien von KING CRIMSON (ein bisschen „Epitaph“-Feeling kommt am Angang des Songs auf) und ergänzt diese um kräftige Ausbrüche, die wohlig nach CELTIC FROST klingen. Zu allem Überfluss gibt’s dann noch etwas rotzigen SOUNDGARDEN-Spirit und einen Schuss Psychedelic-Rock dazu. Das ist schön, das macht Spaß – und wird mit einer Souveränität runtergespielt, die man eigentlich in einer anderen Gewichtsklasse erwartet – so ab DREAM THEATER aufwärts. Ein baldiger Aufstieg in eine Region ähnlich KVELERTAK oder BARONESS ist für PALLBEARER zumindest nicht unrealistisch.

PALLBEARER kombinieren geschickt und spannend

Überraschenderweise halten auch die übrigen Titel von „Heartless“ dieses Niveau wie selbstverständlich aufrecht. Jeder Titel für sich ist spannend komponiert, auch bei fast einer Stunde Spielzeit kommt nicht ein einziges Mal Langeweile auf: Hier ist „Heartless“ wie ein Strom von Melodien und Facetten angelegt, die sich fortlaufend voran bewegen, ohne willkürlich zusammengeschustert zu wirken. Klassische Songstrukturen: Fehlanzeige. Rückgriffe auf bereits genutzte Elemente: Lass mal. Kitsch und Pathos: Werden geschickt vermieden. Dass Nuclear Blast Records hier eine wahnsinnig talentierte Truppe im Stall haben, sollte mit „Heartless“ eindrucksvoll bewiesen sein.

Scheiden könnten sich die Geister lediglich an den Vocals: Der Klargesang von Frontmann Bret Campell ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Denn auch wenn dieser sich harmonisch in die Titel einfügt: Ein bisschen mehr Punch, ein wenig mehr Schärfe täte dem Gesang stellenweise ganz gut und würde dem Gesamtbild noch ein bisschen Würze hinzufügen – einfach, um die wohlige Verträumtheit zu durchbrechen und ein Ausrufezeichen zu setzen.

Allerdings ist „Heartless“ beim ersten Hördurchgang weniger eindrucksvoll als der Vorgänger „Foundations Of Burden“ von 2014, das aktuelle Werk wirkt emotionaler, dichter und auch ein bisschen braver. Aber letztlich bietet „Heartless“ dadurch mehr Substanz und Spannung und entwickelt schnell einen regelrechten Suchtfaktor. Ganz große Kunst, die PALLBEARER mit ihrem dritten Album „Heartless“ zwischen Progressive, Doom und Metal abgeliefert haben.

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27.03.2017

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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