Phantom Winter - Cvlt

Review

PHANTOM WINTER. Fürwahr. Mag der Frühling samt Amsel, Drossel, Fink und 23 Grad alles geben – hat einen „Cvlt“ erstmal in seinen eiskalten akustischen Klauen, war es das mit dem Optimismus. Dann bildet sich Rauhreif unter der Haut und auf der Seele und man spürt ihn übermächtig: den Phantom-Winter. Die Vorstellung, die Kälte wirklich verloren zu haben, mutet erschreckend naiv an und fröstelnd wird klar: Entscheidend ist nicht auf dem Thermometer, entscheidend ist im Herzen.

Und da sich die Güte von ernsthafter, also als Kunst verstandener, mit Herzblut geschaffener Musik darin offenbart, dass sie emotional berührt, haben PHANTOM WINTER mit „Cvlt“ zweifelsfrei ein erstes dunkel leuchtendes Ausrufezeichen in die Welt der abseitigen Kultur gerammt. Erbarmungslos zelebrieren die aus OMEGA MASSIF hervorgegangenen Würzburger um Andreas Schmittfull an der Gitarre und Christof Rath am Schlagzeug einen klanglichen Mahlstrom aus schweren, schleifenden Riffs aus dem unwirtlichen Grenzland zwischen Doom und Sludge, maschinell-kalt in Szene gesetzten Drums und melancholisch-melodiösen Leads.

Für die entscheidende atmosphärische Verdichtung sorgen Details wie ein klagendes Piano in Tateinheit mit flirrenden Stimmen-Samples („Corpses Collide“) oder eine Leadgitarre, die im Geiste einer Luftschutzsirene beginnt, bevor sie sich über stampfenden Riffs durch eine fesselnde Melodie windet („Finster Forst“). Die fünf recht langen Stücke profitieren dabei davon, dass sie zwischen repetitiven, sich langsam ins Hirn fräsenden Passagen des Öfteren mutwillig zersplittert werden, sich prägnante Breaks und akustisch Gehaltenes zur Gewalt gesellen. Als wenn DEAFHEAVEN von ihrer Blumenwiese geholt und in der Arktis ausgesetzt worden wären. Nachts. Und überhaupt ist Post-Rock im besten Falle der kleine von Disney gezeichnete Neffe im Federkleid neben diesem vom Leben gezeichneten Eismonster im Hass-Panzer.

Den „Gesang“ zu Letzterem bildet das verhallte Echo des Gekeifes zweier im vereisten Gebirge zwischen Hass und Verzweiflung wahnsinnig Werdender. Dadurch und durch gelegentliche instrumentelle Rasereien macht „Cvlt“ mit seinem trve zwinkernden Vokal einen bedrohlichen Satz in Richtung Black Metal. Abseits der authentisch vertonten Emotionalität haben PHANTOM WINTER ansonsten mit diesem Zweig des Dunklen, mindestens aber mit der im BM des Öfteren fälschlicherweise als Toleranz verstandenen politischen Indifferenz nichts am Hut.

Überhaupt ist plakative Menschenfeindlichkeit bei aller Vehemenz des Vortrags bei diesem „Cvlt“ nicht die Quelle der Aggression. Mit Gift und Galle werden von PHANTOM WINTER vielmehr präzise jene Bluthunde und Rattenfänger bedacht, die es tatsächlich verdienen. Es ist dies eine Wohltat.

Wie die ganze Platte auf ihre verstörende Weise. Da kommt noch was ganz Großes.

16.04.2015
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