Porta Nigra - Schöpfungswut

Review

Rette sich wer kann – PORTA NIGRA haben ein neues Album am Start. Die Avantgarde-Black-Metaller haben es sich selbst, vor allem aber auch ihren Hörern noch nie einfach gemacht und mit „Fin de siècle“ und „Kaiserschnitt“ zwei Alben herausgebracht, die zwar von vielen Kritikern hoch gelobt wurden, aber auch oft Unverständnis aufgrund ihrer Stilbrüche ernteten. Mit „Schöpfungswut“ ist nun nach einer langen Pause von fünf Jahren endlich Schluss mit der Wartezeit auf neuen Stoff und wir prüfen, ob sich die Band nach wie vor so schwer zugänglich zeigt wie bisher.

PORTA NIGRA– Weniger avantgardistisch als erwartet

Schon „Die Kosmiker“ verrät: Musikalisch ist das auf „Schöpfungswut“ enthaltene Material weit weniger avantgardistisch als erwartet. Hier schallt in weiten Teilen straighter, aber auch verdammt melodischer Black Metal aus den Boxen.

Für die Vocals von Neuzugang Tongue (CHAOS INVOCATION) gilt das jedoch nur bedingt. Während die Lead-Stimme irgendwo zwischen recht modernem Black-Metal-Shouting und Growls, die eher an räudigen Todesstahl erinnern pendelt, fällt vor allem eines direkt auf: Der inflationäre Gebrauch von Chören. Häufig wird Tongue tatsächlich von clean gesungenen bis gegrölten Chören unterstützt, die gerne auch mal in Richtung Gang Shouts gehen. Zusammen mit den manchmal gar ein wenig folkig anmutenden Melodien entsteht an einigen Stellen fast so etwas, wie ein schunkeliges Ambiente.

Ist das so gewollt? Schwer zu sagen, bei PORTA NIGRA, die seit jeher auf Genregrenzen zu pfeifen scheinen. Dabei hat „Schöpfungswut“ auch durchaus garstiges zu bieten, besonders während einiger drastischer Soli oder wenn Tongue sich mal wieder förmlich auskotzt.

Die Lyrics sind dabei letztlich das einzig beständige, da sie sich erneut mit dem Dekadentismus befassen, wie auch bereits auf den beiden Vorgängern. Allerdings wirkt das abgewandelte „Vater Unser“ in „Unser Weg Nach Elysium“, neben vielen geradezu poetischen Kreationen schnell ziemlich abgedroschen. An der für ein modernes Black-Metal-Album einfach extrem passenden Produktion gibt es immerhin nichts zu mäkeln.

Genial oder zusammenhangloser Trash? – „Schöpfungswut“

PORTA NIGRA schaffen es mit Album Nummer drei wieder einmal zu polarisieren und den Hörer mit einer Menge Fragezeichen zurück zu lassen. Einerseits anspruchsvoller Black Metal mit deutschen Vocals, andererseits geradezu folkig-schunkelige Melodien (z.B. in „Die Kosmiker“ oder in „Die Augen Des Basilisken“) und diverse Mitgröhl-Parts, die kaum ins Bild passen wollen.

Obwohl „Schöpfungswut“ zunächst wie das mit Abstand zugänglichste Werk von PORTA NIGRA wirkt, folgen schnell Irritationen diverser Art, die das Verständnis für das, was da gerade ins Gehör dringt schnell abhanden komme lassen. Am Ende bleibt auch der Rezensent selbst nach diversen Durchläufen mit einem ratlosen Gesicht und zuckenden Schultern zurück. Ist das nun genial oder zusammenhangloser Trash? Eine Antwort darauf zu finden scheint aussichtslos, weshalb am Ende nur die goldene Mitte der Punkteskala bleibt.

11.01.2020

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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