Raventale - Long Passed Days

Review

Welch ein Glück, dass wir im digitalen Zeitalter angekommen sind und DSL-Internetanschlüsse mittlerweile fast überall Gang und Gebe sind. Wäre das nicht so, könnte ich zu dem vorliegenden Album wohl kaum mehr sagen, als dass der Interpret RAVENTALE ist, das Albentitel und die Songs kyrillisch und somit für mich absolut kryptisch. Einzig „Sunset Of The Age“, natürlich ein Cover von ANATHEMA zu TSE-Zeiten, hätte ich noch klar erkennen können. Ein kurzer Blick auf die Website des Labels klärt auf: Auf Englisch heißt das Album soviel wie „Long Passed Days“. Kein wirklich ungewöhnlicher oder herausragend kreativer Titel für eine Doomscheibe.

RAVENTALE ist ein Ein-Mann-Projekt aus der Ukraine. Geboten wird auf „Long Passed Days“ wirklich anständiger, nicht allzu heftiger Funeral Doom, mit einer starken Prise Black Metal. Natürlich hat auch RAVENTALE die üblichen Probleme, die Ein-Mann-Bands oft mit sich bringen: Das Drumming, natürlich programmiert, kann nicht auf voller Linie überzeugen. Bei dieser Art von Musik kann man sich mit einem Drum-PC allerdings noch einigermaßen anfreunden, die Sterilität und Monotonie passen teilweise sogar recht gut. Obwohl RAVENTALE sich in einem Genre bewegt, das atmosphärisch gerade davon lebt, durchaus auch mit Monotonie eine hohe atmosphärische Dichte und Wirkung zu erzielen, ist Astaroth, Protagonist des Projekts, durchaus bemüht, soweit das möglich ist, für Abwechslung zu sorgen. Das funktioniert insofern, als dass die Songs aufgehen und, wenn man sich von ihnen erst einmal mitnehmen lässt, keine Langeweile aufkommen lassen.
Die bedrückende, melancholische, schwere, zähflüssige, manchmal wütende, ab und an sogar erstickende Atmosphäre ist das A und O eines guten Doomalbums; gerade das gelingt auf „Long Passed Days“ erfreulich gut. Das Drumming ist, wie gesagt, nicht weiter erwähnenswert, und auch die Vocals sind wirklich verbesserungswürdig. Astaroth orientiert sich am blackmetaltypischen Keifen, die Vocals sind allerdings merkwürdig in den Hintergrund gemischt, und ganz offenbar mit einem seltsamen Effekt versehen. Fast könnte man meinen, der Sänger würde in irgendeiner Holzkiste unter Verschluss gehalten, und zische ein wenig durch die raren Luftlöcher. Allerdings, und das ist, denke ich, das wichtigste: Die Gitarrenarbeit kann auf voller Linie überzeugen. Atmosphärisch absolut dicht, mitreißend und auf angenehme Art und Weise nicht eintönig. Seien es hymnische Riffs, die sich minutenlang ziehen, seien es fast aggressive Ausbrüche, seien es melancholische Soli, die mit ihren Melodien fesseln. Unterstützt werden die Gitarren von Synthesizerklängen, die oft zweckdienlich sind, das Ganze nur manchmal etwas überladen.
Einzig auf das ANATHEMAcover möchte ich nicht detailliert eingehen. Das ist zwar als Song für sich wirklich gelungen, aber den Vergleich, den RAVENTALE für mich nur auf voller Linie verlieren kann, möchte ich nicht ziehen; die Briten spielen und spielten ganz einfach in einer anderen Liga.

Zwar ist das, was „Long Passed Days“ liefert, nicht revolutionär und auch nichts neues, wer allerdings auf gutgemachten, atmosphärischen Doom steht, der dürfte an diesem für mich überraschend guten Album seine Freude haben. Ist ja nicht das erste Mal, dass Solitude Productions (in dem Falle BadMoodMan Music) eine kleine Perle ausgegraben hat.

09.04.2009
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