Red Harvest - A Greater Darkness

Review

Als RED HARVEST-Veteran war ich natürlich mehr als gespannt, was auf „Sick Transit Gloria Mundi“ folgen würde. Die Norweger waren zwar in den letzten drei Jahren fleißig beschäftigt, tourten um die Welt, heimsten viel Anerkennung für ihr Album ein und veröffentlichten letztes Jahr ihre erste DVD. Dennoch – ein neues Album ließ auf sich warten, was meine Erwartungen beständig nach oben schraubte. Die Wartezeit hat nun ein Ende, und ich bin mehr als positiv überrascht. Mit „A Greater Darkness“ ist es RED HARVEST nämlich gelungen, den Sound der frühen Meisterwerke mit dem der letzten drei Alben zu vereinen.

Ging es auf den letzten Alben eher ziemlich ruppig und brutal zu, nach vorne preschend, ohne Kompromisse, so besinnt man sich jetzt wieder auf alte Stärken. Das im Line-Up nach wie vor unveränderte Quintett hat insgesamt einen ganzen Gang zurück geschaltet. Zunächst sei gesagt: RED HARVEST sind und bleiben RED HARVEST. Es gibt nach wie vor reichlich brutale Attacken, die diesmal aber nicht so ungestüm wirken, sondern wohldosiert eingesetzt werden um nachhaltig zu wirken. Ofu Kahns Stimme führt uns wie immer äußerst facettenreich und zuweilen experimentell durch die post-apokalyptische und am Weltschmerz leidende Paranoia der Depression. Er brüllt es hinaus, er krächzt, flüstert… wie weißes Rauschen scheint es aus allen Richtungen gleichzeitig zu erklingen. Sie illustriert den globalen Schrottplatz der übrig bleiben wird, wenn der letzte Rest menschlicher Vernunft ausgestorben ist, nur zu gut.
Dazu kommen hymnenhafte Industrial-Epen wie das überlange „Distorted Eyes“, wie man sie von RED HARVEST kennt und liebt, und auf den letzten beiden Alben eher vermisst hat. Gerade da offenbaren sie ihr ganzes Können und heben sich als ungekrönte Könige nordischer, kalt-mechanischer Klänge hervor. Dies zeigt sich vor allem auch in der Produktion, die diesmal mehr Wärme versprüht und auch vielseitiger, weitläufiger klingt. Damit keine Mißverständnisse aufkommen: „Wärme“ bedeutet nicht Liebe oder Harmonie, die sucht man auf dem Album vergeblich. Es herrscht weiterhin „absolut(e) Dunkelheit“, die einzige Wärme spürt man von den Flammen des unterirdischen Höllenfeuers.

Was schon beim Opener „Antidote“ auffällt und auf fast ausnahmslos jedes Album der Band zutrifft: RED HARVEST haben einen unverkennbaren Stil, einmalig unter tausenden. Das ist weniger auf die Arbeit an einzelnen Instrumenten gemünzt, denn da zeigen sich Einflüsse diverser anderer Bands, die das umfassende Genre des Industrial ebenfalls schon seit Jahren beackern (z.B. MINISTRY). Es geht mehr um die Atmosphäre, die das Album versprüht, das Gefühl, was hinter jedem einzelnen Song steht. So klingen nur die Norweger, der Song „Hole In Me“ ist indirekt schon fast eine Ode der Band an sich selbst. Die Riffs, die Akkorde, die unterschwelligen Melodien sind dermaßen charakteristisch, dass man sich in die Zeiten von „HyBreed“ zurückversetzt fühlt.
Die Jungs sind immer noch auf ihrem Trip – Begleiten wir sie!

10.03.2007
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