Rorcal - Heliogabalus

Review

In den Gebirgen des Landes der Uhren und Banken muss eine besondere Akustik herrschen, die Klänge langsamer Agonie begünstigt. Anders lässt sich nicht erklären, warum so viele Doom- und Sludge-Bands gerade die Schweiz ihre Heimat nennen.

Darunter auch die extravaganten RORCAL aus Genf, die via Eigenlabel Cal Of Ror über siebzig Minuten Verstörung in Slowmotion entfesseln. Bereits das stilvolle Coverartwork, eine schwarze Fläche, spricht Bände. Puristisch, gleichzeitig aber zutiefst visionär erfinden RORCAL düstere Klänge neu – und zwar so, dass Kollegen wie AMENRA dagegen flotte Hopselhymnen zu kredenzen scheinen.

Auf „Heliogabalus“ werden Zutaten aus den Schandtaten des gleichnamigen römischen Kaisers in einem schwarzen Sud aufgekocht, der bitter und finster vor sich hin gärt, gelegentlich aber in furiosen Passagen aufbrodelt. Bläschen aus Melodienfetzen oder ambient-angehauchten Drum-Partien lockern das Gebräu auf, machen es jedoch in keinster Weise bekömmlich. Nur starke Nerven werden vom Tröpfeln dieser Teermassen nicht angegriffen. RORCAL muss man zugute halten, dass sie sich in ihrem gewählten Geschwindigkeitsextrem bis zum Ende treu bleiben, darunter leidet aber teilweise der Hörgenuss. Das Album braucht eine Weile zum Zünden, grenzenlosen Genuss werden wohl nur richtige Die-Hards aus dem Mammuttrack ziehen können. Das Stilmittel der Langsamkeit steht sich nämlich selbst im Weg, wenn ein gequälter Zeitlupenriff sich zahllose Male im Stück leicht abgewandelt wiederholt. Vielleicht wäre kürzer doch mehr gewesen?

Um eine grobe Vorstellung von dem Gebotenen zu bekommen, denkt euch das langsamste, finsterste Doom-Stück, das ihr jemals gehört habt, und dehnt es, bis es reißt – nur, dass das Ein-Track-Album der Schweizer eben nicht reißt, sondern immer wieder neue Abgründe in die Sludge-Landschaft walzt. Um die psychedelische Wirkung voll auszukosten: Album im Media Player anhören, dabei die Batterie auf zufällige Anordnung schalten und sich von Farb- und Klangverläufen zugleich hypnotisieren lassen.

06.10.2010
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