Rotor - 3

Review

ROTOR, das sind drei Freunde aus Berlin, die gern musizieren. Sie rauchen vermutlich gern und präsentieren sich auf ihrem Plattencover zeitlos schick mit stoppeligem Bart, offener Speckmatte, Flip Flops und psychedelischen Pornobrillen. Sympathisch!

Bevor sie selbst mit der Musik anfingen, haben sie vermutlich eine Menge alter Krautrockplatten gehört. KRAAN, AMON DÜÜL II, CAN. Und ein paar alte Progrockplatten, z.B. von KING CRIMSON. Vielleicht sogar Jazzrock, denn einige Harmonien erinnern an Klaus Doldingers PASSPORT. Und dann gab’s da sicher noch ein paar dicke Stonerbretter, alte wie BLUE CHEER und die EDGAR BROUGHTON GROUP und neuere wie KYUSS und die Partystoner FU MANCHU. Und vielleicht haben sie auch die alternativen Grungestoner MELVINS gehört. Und sicher noch vieles mehr, was man auf Anhieb nicht raushört.

Der Sound der Berliner ist für ein Trio, das unter dem Banner „Stoner Rock“ segelt, sehr, sehr vielschichtig. Die obligatorischen Parts zum Haare schütteln sind ebenso enthalten wie die Pausen zum Luft holen. Dazu gibt’s teils echt frickelige Improvisationen und nie penetrante Ausflüge in erwähnte jazzige und progressive Gefilde. Alle zehn Titel sind in ohrenfreundlichem Maße vertrackt und dicht arrangiert. Vereinzelte akustische Gitarren und Gitarrensynthesizer runden den ruppig-trockenen Sound des schlicht „3“ betitelten Albums so ab, dass man dessen Entstehung getrost auf die frühen 1970er Jahre datieren könnte.

Tja, liegt es nun am komplexen Songwriting, dafür, dass zum Dichten keine Zeit war, oder waren die Jungs einfach zu dicht, sich zu viel versprechenden, deutschsprachigen Songtiteln wie „Auf’s Maul?“, „Hart Am Wind“ oder „Kaltstart“ auch ein paar witzige Zeilen auszudenken? Oder warum ist das Album komplett instrumental gehalten? Bei einem Titel wie dem zuerst genannten wären leicht verständliche, zur Fastnachtszeit passende Zeilen wie

„Ich angle täglich Barsch,
Du bist ständig faul,
Ich tret‘ Dir in den Po,
Dann hau‘ ich Dir auf’s Maul“

eine Bereicherung gewesen. Vielleicht. Stelle ich mir live jedenfalls witzig vor. Das würde dann ein bisschen nach ORCHESTER GNADENLOS klingen, der Rock’n’Rollband von Hannes Bauer (Gitarrist von Udo Lindenberg. Toller Typ, nur mal nebenbei). Tut es aber nicht, und so vermisse als Bewusstmusikhörer den Gesang. Weil die Platte trotzdem irgendwie geil ist und ROTOR drei lustige und sehr fähige Vögel sind, verdienen sie keine schlechte Wertung. Deswegen gibt’s einfach gar keine. Am besten selbst anhören und ein eigenes Urteil bilden. Für Stonerrocker und Fans der oben aufgezählten Bands sehr spannend.

28.11.2007
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