Saille - V

Review

Die spanisch-niederländisch-belgische Band SAILLE (ausgesprochen sahl-yeh) hat sich schon recht frühzeitig nach ihrer Gründung 2009 einen Namen im Untergrund machen können. Das liegt vor allem an dem kompromisslosen Symphonic Black Metal der ersten beiden Alben. Denn damit haben sie bewiesen, dass man – anders als DIMMU BORGIR – ein 100-köpfiges Orchester braucht.

Symphonien im Wandel

Über die Jahre hinweg hat sich ihr Stil mehr in Richtung Melodic Black Metal mit Symphonic-Einschlägen hinbewegt. Das tat aber dem Hörspaß keinen Abrieb. Ganz im Gegenteil, präsentierten sie sich dadurch vielschichtiger und düsterer.

Mit ihrem neuen Album – ganz simpel „V“ genannt – wagen SAILLE anscheinend eine Art Neuanfang. Keine Angst, der Black Metal ist geblieben. Doch sie präsentieren sich nun in einem anderen Licht: Neues, vereinfachtes Bandlogo, anderes Cover-Design und nicht ganz so minimal veränderter Sound.

Spurwechsel auf Album Nummer „V“

Denn auf „V“ gehen die symphonischen Elemente nun vollständig zurück. Auch den bisher bekannten Melodiebögen kehren SAILLE hier nun den Rücken zu. Vielmehr lassen sie auf „V“ wesentlich mehr Raum für aggressive Härte. Ja, man kann fast sagen, dass sie sich nun dem Blackened Death Metal zugewandt haben.

Statt aber einfach mit BEHEMOTH-artigen Soundwänden aufzufahren, garnieren SAILLE das Ganze mit progressiven Elementen der vergangenen Alben. So wird der Opener „Suffering Sanctuary“ zu einem düster-miasmischen Triptychon, das von Hieronymus Bosch entworfen sein könnte.

Die neugewonnene Härte von SAILLE

Wer hier den Blastbeat vermisst, kann sich auf Songs wie „Fetid Flesh“, „Empty Expanse“ oder „Loathsome Legacy“ freuen, die wesentlich stärker in die Richtung BEHEMOTH und ja, sogar ein bisschen BELPHEGOR gehen. Dass SAILLE bei all der neugewonnenen Härte nicht ihre melodischen Wurzeln aus den Augen verloren haben, beweisen sie aber immer wieder mit Stücken wie „Charnel Chamber“, das Melodie und kalte Härte wunderbar kombiniert.

Sogar Elemente des Gore finden hin und wieder Eingang in den neu geschaffenen Klangkosmos. So zum Beispiel auf dem herrlich grantigen „Baleful Beauty“. Das mehr als fantastische Finale, „Mirror Motions“, kombiniert die besten Elemente des Melodic Death Metals mit gnadenlosem Black Metal. Hier präsentiert die Band sogar beeindruckenden Klargesang.

Neuer Start – Neues Glück?

SAILLE präsentieren sich auf „V“ nicht nur erstmalig mit neuem Line-up (Sänger Jesse Peetoom und Gitarrist Kasky Svart sind seit 2019 dabei). Nein, sie haben sich auch komplett neu definiert. Man kann fast sagen, dass sich SAILLE fast vollständig vom ehemaligen DIMMU BORGIR-Aspiranten hin zum würdigen BEHEMOTH-Konkurrenten gewandelt haben. Natürlich kommen sie da noch nicht ganz ran und die Lücke zwischen beiden Bands ist noch viel zu groß.

Auch erfinden SAILLE den Blackened Death Metal nicht vollkommen neu. Doch das Album überzeugt dennoch und liefert einen mehr als gekonnten und vor allem überraschenden Einstieg in dieses Genre. Bleibt nur die Frage offen, ob SAILLE damit nicht eine eingeschworene Fanbase vor den Kopf stoßen. Schließlich gibt es leider viel zu wenige gute Symphonic-Black-Metal-Bands, die als Nachfolger von EMPEROR und DIMMU BORGIR gehandelt werden könnten.

Text: Tim Otterbeck

12.04.2021
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